Stellungnahme des AK Jura zu den Verschärfungen der richterlichen Verfügung betreffend Zuschauereinlass
Bei aller Kritik an der richterlichen Verfügung und allem Verständnis für einzelne Argumente dagegen, so möchte ich mich jetzt ausdrücklich bei einer Person "bedanken", die sich mit schlechtem Benehmen und überflüssigen Kommentaren während den Verhandlungsterminen besonders hervorgetan hat. Die Zuhörerschaft kann sich "bedanken", dass die Vorsitzende Richterin jetzt die Einlasskontrollen verschärft und die richterliche Verfügung dahingehend erweitert, dass die Ausweise nicht nur kontrolliert, sondern auch kopiert werden.
Auch wenn ich die Vorsitzende Richterin wegen ihres wenig souveränen Umgangs mit der Zuhörerschaft und ihres Rechtfertigungsdrangs kritisiere, so habe ich Verständnis, dass sie sich Ruhe im Gerichtssaal ausbittet. Das ist nur recht und billig und hat mit Anstand und Respekt zu tun. Ziviler Ungehorsam gehört nicht in diesen Prozess. Zum einen aus Rücksicht auf die Schwerverletzten, die jetzt als Nebenkläger auftreten und sich zum Teil in diesen Prozess einklagen mussten. Und zum anderen ist dieser Prozess vermutlich unsere einzige Möglichkeit, zu erfahren, wie von Seiten der Polizei und der Politik dieser 30.09.2010, der als Schwarzer Donnerstag in die Stadtgeschichte eingegangen ist, abgelaufen ist. Wir haben bereits sehr viel erfahren, was ohne diesen Prozess niemals ans Licht der Öffentlichkeit gekommen wäre. Diese Rückmeldung habe ich von jemandem, der Volljurist ist und außerhalb von Stuttgart lebt.
Im Hintergrund dieses Prozesses arbeiten mehrere Personen mit Hochdruck, sind – soweit es die persönlichen Möglichkeiten hergeben – bei den Verhandlungsterminen vor Ort und schreiben mit. Sie prüfen Beweismittel, gehen Zeugenaussagen nochmals durch und besprechen sich regelmäßig, geben die gewonnenen Erkenntnisse an die Nebenklägervertreter weiter.
Diese Arbeit kann nur geleistet werden, wenn man im Gerichtssaal alles hört und das Gehörte aufschreibt. Der Gerichtssaal ist kein Kaffeekränzchen, keine offene Diskussionsrunde und schon gar nicht ein Ort, an dem Ziviler Ungehorsam praktiziert werden kann.
Des Weiteren ist es auch unter der Würde einer Bewegung, die Wachleute anzugehen. Es kann nicht sein, dass die Wachleute sogar bedroht werden. Ich bin entsetzt und schäme mich dafür, dass so etwas passiert. Einzelne Die Bewegung diskreditiert sich damit selbst und verlässt den Boden „Wir sind die Guten“. Das schlechte Benehmen einzelner Personen bringt die ganze Bewegung in Verruf und das kann es nicht sein. Die Wachleute sind nicht Ziel und Objekt unseres Protestes gegen S21, die haben damit nichts zu tun.
Ich appelliere hiermit an alle, die sich die Zeit nehmen und in den Gerichtssaal kommen, sich entsprechend zu verhalten. Wer mit Sieben-Meilen-Stiefeln durch die gute Kinderstube gesprungen ist, sollte von uns in die Schranken gewiesen werden und nicht von der Vorsitzenden Richterin. Das wäre ein Signal, dass wir als Bewegung noch immer aufeinander achten und uns selbst korrigieren. Es wäre das richtige Signal in Richtung Respekt und Achtung vor den vielen Verletzten des Schwarzen Donnerstag sowie den vielen Helfern, die im Hintergrund daran mitarbeiten, diesen Prozess bestmöglich zu unterstützen. Und nicht zu vergessen: Dieser Prozess hat bundesweite Bedeutung in den Medien!
Und bei aller Kritik an der Vorsitzenden Richterin, so muss ich doch einmal sehr deutlich zum Ausdruck bringen, dass diese Kammer sehr gut vorbereitet ist. Die Vorsitzende Richterin und ihre Beisitzer kennen die Akten, die Videos, sind ausgesprochen gut vorbereitet und das muss an dieser Stelle einfach anerkannt werden. Es verdient auch Respekt und Anerkennung. Da sind wir von anderen Prozessen beim Amtsgericht Stuttgart anderes gewöhnt.
Sybille Kleinicke für den AK Jura
Pingback: Stellungnahme AK Jura zur Verschärfung beim Wasserwerferprozess | Der Blogpusher
Pingback: Wichtige Infos | Bei Abriss Aufstand
Pingback: IO Newsletter 20.09.14: Nur ein kleines bisschen Schweiz | InfoOffensive Baden-Württemberg