Bericht aus dem Gerichtssaal: Einstellung des Verfahrens wg. Nötigung

Dieser Bericht aus dem Gerichtssaal des Amtsgerichts Stuttgart erscheint 2 ½ Wochen nachdem das „Verfahren wegen angeblicher Nötigung“ mit einer „Einstellung nach StGB § 153“ beendet wurde. Eine Einstellung ist kein Urteil, so dass es auch keine Begründung gibt. Das mag man bedauern, denn es interessiert natürlich, warum Richter und Staatsanwaltschaft ein Verfahren beenden wollen, somit von einem Urteil absehen und der Angeklagten eine Einstellung anbieten. Sehr wahrscheinlich hatte der erste Prozesstag  am 20.2.2014 mit Einlassung der Angeklagten – Verfasserin des vorliegenden Berichts - , Zeugenbefragungen und Beweisanträgen des Rechtsbeistands schon zu einem Umdenken beigetragen. Die Beweislage zeigte sich wohl doch nicht so eindeutig, dass das Gericht im Schnellverfahren zu einem Urteil kommen konnte. Zudem gab es zwei Wochen später einen kurzen Gerichtstermin (Schiebetermin), bei dem nochmals klar gemacht wurde, dass zur genauen Aufarbeitung der Vorgänge – weitere Zeugenbefragungen und Beweisanträge -  noch mehr Prozesstage erforderlich sein würden. Prozesse belasten die Staatskasse jedoch bei Einstellung nach § 153 oder sogar Freispruch in hohem Maße, so dass jeder zusätzliche Tag für das Gericht problematisch gewesen wäre. So kam es am dritten Prozesstag, 27.3.2014, zu dem Angebot einer Einstellung nach § 153, was die Angeklagte nach Erörterung mit dem Rechtsbeistand annahm.

Die Sachlage:
Begonnen hatte es auf der Straße Am Schlossgarten: Am Samstag, 14. April 2012, war bei Abbrucharbeiten am Südflügel eine 71-jährige Passantin durch einen  herabfallenden Steinbrocken verletzt worden. Drei Tage später, am Dienstag, 17. April 2012,  protestierten etwa 20 Demonstranten vor dem Bautor am Südflügel mit Schildern und einer vorbereiteten Rede gegen die mangelnde Sicherheit an der S21-Baustelle. Herbeigeeilte Polizisten entschieden nach einer sogenannten „Entscheidungsmatrix“, dass es sich bei dieser Versammlung eben nicht um eine Versammlung handelte, sondern um eine „Verhinderungsblockade“. Fünf vor einem LKW sitzende Demonstranten wurden zur Personalienfeststellung abgeführt.

Der politische Rahmen:
Soweit der Sachverhalt bzw. die Vorgeschichte von vier Prozesstagen, die im Jahr 2013 und 2014 folgten und die in ihrer Dynamik nicht uninteressant waren, zeigten sie doch, dass jedes Verfahren ein „Abenteuer mit unbekanntem Ausgang“ ist. Wer die Nerven hat, sich auf  dieses „Abenteuer“  einzulassen, lernt auf jeden Fall eine Menge über „Justiz“. Man würde zwar gerne auf diese Erfahrungen verzichten, doch machen S21-Prozesse eben auch deutlich, dass es mit dem alleinigen „Dagegen-Sein“ nicht getan ist. Die Herausforderung eines Prozesses ist zwar anstrengend und mit einem finanziellen Risiko verbunden, jedoch führen die Verhandlungen auch immer wieder die hohe politische Dimension des Projekts Stuttgart 21 vor Augen.

Der Rahmenbefehl, herausgegeben vom Innenministerium - im Wortlaut nur wenigen Menschen zugänglich - und eine darauf aufbauende Entscheidungsmatrix, die bei Demonstrationen über „Top oder Flop“ entscheidet und den Polizisten vor Ort helfen soll, ob das, was sie vorfinden, zur Anerkennung einer Versammlung reicht  … all das ist politisch gewollt und wird als „top secret“ behandelt. Bei S21-Prozessen wird klar, wie wichtig es Projektbetreibern und Politikern ist, den Projektgegnern die Rote Karte zu zeigen. Und die Justiz spielt mit.

Eigentlich sollten die Demonstranten ziemlich stolz sein, dass man ihnen unterstellt, sie könnten – wie in jedem Nötigungsstrafbefehl zu lesen – einen Baustopp erzwingen. Und wenn Staatsanwältin, Richter, Protokollantin, Justizangestellter und Polizist, wenn Angeklagte und Anwalt sowie die Zuhörer sich an ihre Plätze im Gerichtssaal begeben haben und die Verhandlung eröffnet worden ist, bestätigt sich, welche Bedeutung der K21-Widerstand für die Projektbetreiber hat. Es geht nämlich nicht nur um einen Bahnhof. Es geht um Deutschlands Zukunft, der sich – wie in diesem Fall fünf Bürger/innen - in den Weg gestellt haben (sollen).

Die Ermittlungen:
Zurück zum 17. April 2012: Der polizeiliche Einsatzleiter erstattete also eine Anzeige wegen angeblicher Nötigung und die Ermittlungsbehörde begann zu recherchieren. Als genügend Material zusammen war, legte die Staatsanwaltschaft unter OStA Häussler dem Richter am Amtsgericht D. den Strafantrag vor. Richter D. war jedoch „not amused“ bzw. nicht überzeugt von der unrechtmäßigen Handlung der Angeklagten und wandte ein: „Es wird angeregt, den Sachverhalt auf das tatsächlich und rechtlich Vorwerfbare zu beschränken und nicht die Rechtsauffassung  … der Staatsanwaltschaft unter dem Titel Sachverhalt einzubringen. Es geht fehl, wenn den Beschuldigten als Demonstranten quasi Demonstrationsrecht mit der Begründung abgesprochen wird, das Projekt sei demokratisch und rechtlich legitimiert, die öffentliche Meinungsbildung abgeschlossen und die Entscheidung des Wahlvolkes sei zu akzeptieren. …“  Richter D. widersprach im Folgenden auch der staatsanwaltlichen Anklage, dass die Beschuldigten durch ihre Behinderungen der Zu- und Abfahrten die Aufgabe des ganzen Bauvorhabens erzwingen wollten. Er kritisierte einen voreiligen Baubeginn und fehlende Planfeststellungsverfahren und dass noch Klageverfahren mit ungewissem Ausgang anhängig seien.

Doch die Staatsanwaltschaft forderte eine Verhandlung, die dann auf den 19.11.2013 terminiert wurde. Inzwischen waren allerdings Richter D. und auch Oberstaatsanwalt H. in den Ruhestand gegangen, andere übernahmen den „Fall“. Drei der Demonstranten kamen zum Prozess, das Verfahren der vierten Angeklagten wurde abgetrennt und auf einen späteren Termin gelegt, da sie am 19. 11.2013 im bereits vorgebuchten Urlaub war. Der Prozess der drei übrigen Angeklagten wurde von viel Solidarität seitens der K21-Bewegung begleitet und von Wolfgang Rüter in einem spannenden Bericht beschrieben und auf BAA veröffentlicht. Siehe:

https://www.bei-abriss-aufstand.de/2013/12/06/kann-eine-gerichtsverhandlung-auf-schwaebisch-ernsthaft-sein/

Bezeichnend für diesen Prozess am 19.11.2013 war die erstaunliche und die Angeklagten überfordernde Schnelligkeit von 2 ½ Stunden, mit der das Verfahren durchgezogen bzw. die „Wahrheit“ gefunden wurde. Weder war den Angeklagten die nötige Ruhe für ihre Einlassungen gegeben noch kam es zu einer genauen Aufarbeitung der damaligen Ereignisse bei der Demonstration. Die Frage nach dem Versammlungsrecht und nach einer ordnungsgemäßen Auflösung der Versammlung wurde nicht gestellt, da der Polizist vor Ort ja zugunsten Verhinderungsblockade entschieden hatte - eine Entscheidung, die Richter G. akzeptierte. So kam es zu hohen Geldstrafen für die Angeklagten.

Der Prozess am 20.2.2014:
Am 20. Februar 2014 war dann der erste Prozesstag der vierten Angeklagten, die sich mit Rechtsbeistand Holger Isabelle Jänicke darauf vorbereitet hatte. An diesem Tag ging nun alles gemäßigter zu, beim gleichen Richter wie am 19. November. Die Angeklagte hatte genug Zeit für eine persönliche Einlassung und ihre Schilderung der Vorgänge bei der Demonstration. Sie stellte dar, dass es sich um eine Versammlung aus aktuellem Anlass gehandelt hatte – der erste Personenunfall an der S21-Baustelle. Dem Einsatzleiter der Polizei war dies – bewusst oder unbewusst – entgangen, denn bei seiner Vernehmung am 19.11.2013 hatte er ausgesagt, dass es keinen aktuellen Anlass gegeben hatte und deshalb auch keinen Grund für eine Versammlung. Dies war seine Fehleinschätzung gewesen, mit weit reichenden Folgen für die Demonstranten.

Nötigungs-Vorwürfe  verweigern  das Recht auf Versammlung  und berufen sich auf den Nötigungsparagrafen  240 Abs. 1 u. 2 im Strafgesetzbuch: „Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.“

Nun war ja das Ziel der Angeklagten bei den Verhandlungen  am 19.11.2013 sowie am 20.02.2014, dem Gericht zu beweisen, dass es eben keine Nötigung gewesen war, sondern dass die Polizei den Demonstranten ihre Rechte verweigert hatte, nämlich GG Artikel 8 (Recht auf Versammlung) und GG Art. 5 (Recht auf Meinungsfreiheit) und Polizeigesetz Baden-Württemberg § 1: „Die Polizei … hat insbesondere die verfassungsmäßige Ordnung und die ungehinderte Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte zu gewährleisten.“

Zeugen mussten gehört werden: Zwei Lastwagenfahrer sagten aus und ein Polizist. Manches wurde am 20.02.2014 klarer; langsam, sehr langsam. Dass einer der LKW-Fahrer ziemlich „genervt“ war, konnte man sogar verstehen. Immerhin war dies sein dritter Aussagetermin zu den gleichen Fragen: zuerst auf dem Polizeipräsidium, dann am 19.11.2013 und nun am 20.02.2014 vor Gericht. Die Thematik blieb ihm dennoch unklar, so fragte er sich, warum die Leute  ausgerechnet vor seinem LKW saßen, sie sollten doch im Schurwald protestieren.

Manch einem Zuhörer wurde dabei wieder siedenheiß deutlich, was für ein grandioser Unsinn mit der Volksabstimmung passiert war. Wenn schon ein LKW-Fahrer - der an der S21-Baustelle arbeitet und ja eigentlich einen besseren Durchblick haben sollte als ein Großteil der Bevölkerung - den Demonstranten ernsthaft anträgt, im Schurwald zu demonstrieren, wie konnte man dann von der  gesamten Baden-Württembergischen Wählerschaft erwarten, kenntnisreich über eine S21-relevante Frage zu entscheiden? Die Volksabstimmung als Legitimation für Baurecht (Baupflicht!) zu nehmen – so wie es auch im Strafbefehl als Begründung für Demonstrationsverbot steht – ist Unrecht. Wie sehr die Bevölkerung von dieser Thematik überfordert war, wurde bei dieser Zeugenbefragung knallhart vor Augen geführt. Man hätte heulen können.

Der zweite LKW-Fahrer dagegen war die Ruhe selbst, so wie damals an der Baustelle. Er hatte seinen LKW am 17.4.2012 ca. 30 m hinter dem ersten LKW auf einem Parkplatz abgestellt, da er vor 7:00 Uhr sowieso nicht auf die Baustelle fahren durfte. Da ihm die Polizei gesagt hatte „Sie haben mit der ganzen Sache nichts zu tun“, hatte er abgewartet. Und tatsächlich war die Demonstration bzw. Blockade weit vor 7:00 Uhr aufgelöst worden. Dass sein Wille mit der Nötigung gebrochen worden sein sollte, hat er wohl bis heute nicht verstanden.

Der nächste Zeuge, der Polizist, der als erster Beamter den „Tatort“ betreten hatte, konnte nur die „Entscheidungsmatrix“ als Beleg dafür anführen, dass er auf „Verhinderungsblockade“ entschieden hatte. Er erklärte, dass diese Matrix ihm Punkte an die Hand gibt, die ihn für oder gegen Grundgesetz Artikel 8 und 5 votieren lassen. In der Verhandlung wurde er  befragt über diese Kriterien, wobei er bei seiner Aussage blieb, weder Plakate gesehen noch von einem aktuellen Vorfall gewusst noch sich über die rechtmäßigen Motive der Demonstranten überzeugt zu haben. Dass es vor dem Bautor mal mehr, mal weniger Demonstranten gegeben hatte, war ihm nicht entgangen, wohl aber, dass die Angeklagte des heutigen Tages erst in einer „Pause“ von einigen Minuten (in der er den Einsatz koordinierte und vom „Tatort“ wegging), gekommen war. In seiner Abwesenheit bekam er auch nicht mit, dass sie nicht nur ein Plakat, sondern auch eine vorbereitete Rede in den Händen hielt. So nahm das „Schicksal“ seinen Lauf und man traf sich am 20. Februar 2014 wieder im Gerichtssaal.

Ehrlicherweise muss man sagen, dass während dieses ersten Prozesstages die Bedeutung von wenigen Minuten Demonstration an einer nicht arbeitenden Baustelle auch für Richter und Staatsanwältin nicht für eine harte Verurteilung ausreichten und so wurde eine Einstellung nach § 153 a vorgeschlagen. 400 Euro für einen sozialen Zweck? Da dies einer Anerkennung von Schuld gleich gekommen wäre, lehnte die Angeklagte ab. Sie hätte sich auf § 153 eingelassen, also Einstellung bei Übernahme der Kosten durch die Staatskasse. Das konnte dagegen die Staatsanwältin nicht mitmachen.

Der Schiebetermin
Einlassung und drei Zeugenbefragungen hatten am 20. Februar so viel Zeit in Anspruch genommen, dass ein weiterer Prozesstag anberaumt wurde, der 27. März 2014. Da dies nun mehr als drei Wochen nach dem ersten Prozesstag war, musste ein sogenannter „Schiebetermin eingefügt werden (nach der StPO dürfen Prozesstage nicht mehr als drei Wochen auseinander liegen).  Bei diesem Schiebetermin waren nur Richter, Staatsanwältin, Protokollantin, Angeklagte und Rechtsbeistand anwesend. Es dauerte gerade einmal 20 Minuten, doch auch diese kurze Zeit konnte sinnvoll genutzt werden und so machten Rechtsbeistand Jänicke und die Angeklagte nochmals deutlich, dass es mit der Aufarbeitung der Vorgänge nicht getan sein würde, sondern dass noch weitere Zeugen befragt werden müssten, die zur Wahrheitsfindung und einem gerechten Urteil beitragen könnten.So z.B. der polizeiliche Einsatzleiter, der zu Videos und zu seiner Rolle am „Tatort“ hätte Stellung nehmen müssen, so die Polizisten, die die Angeklagte abgeführt hatten, der Ermittler, der Bauleiter, der Baggerführer … und Herren der Projektbetreiber-Ebene, die über die Rechtsmäßigkeit des Projekts hätten Auskunft geben können. Denn in der Begründung zum Strafbefehl stand ja, dass alles rechtmäßig und demokratisch abgegangen sei und sowieso vom Volkswillen bestätigt. Der Schlichterspruch habe befohlen, dass nun „Ruhe im Karton“ sein müsse. Schon allein diesen Schlichterspruch mit all seinen uneingelösten Forderungen auseinander zu nehmen und ihn auf „Wahrheit und Lüge“ hin zu analysieren, hätte den „Schlichter“ Geissler als Zeugen verlangt. Innenminister Gall hätte etwas zum Rahmenbefehl sagen können/müssen und der Polizeipräsident etwas zur Entscheidungsmatrix. Immerhin sind diese beiden Papiere die Grundlage, nach der "Recht" gesprochen wird und alle S21-Fälle in der Abteilung Staatsschutz behandelt werden. Auch wenn diese letztgenannte Aussage eine unbewiesene Behauptung ist – angeblich ist die Zuweisung von S21 zum Staatsschutz rein zufällig geschehen - , aber gefragt hätte man doch gern mal.

Vielleicht hat die kurze Verhandlung am Schiebetermin dem Gericht verdeutlicht, dass es mit einem einzigen weiteren Prozesstag nicht getan sein würde, dass sicher noch mindestens zwei weitere Tage nötig gewesen wären. Vielleicht haben aber auch die Zeugenbefragungen am ersten Prozesstag vor Augen geführt, was alles am Morgen des 17.4.2012 schief gelaufen war …  So schlug noch vor einem weiteren Prozesstag das Gericht eine Einstellung nach § 153 mit Übernahme aller Kosten vor. Vor allem für die Staatskasse wäre dies ökonomisch sinnvoll gewesen, wenn auch die Frage nach dem „Recht“ und der Anerkennung der Versammlung nach dem Grundgesetz damit nicht beantwortet wäre. Doch stimmte die Angeklagte nach einer Beratung mit ihrem Rechtsbeistand zu, unter der Bedingung, dass es am 27. März noch zu einer kurzen Verhandlung kommt, in der das Einstellungsangebot erneuert wird und die Angeklagte eine Abschlusserklärung abgeben kann. Das hätte einen halben Prozesstag mit Kosten erfordert, die aber die Staatsanwaltschaft nicht übernehmen wollte. Also „leistete“ sich die Angeklagte diesen halben Tag, stimmte ihrer Kostenübernahme für den halben Tag zu und es kam zu einer halbstündigen Verhandlung mit wieder viel Solidarität im Zuschauerraum. Die Angeklagte trug ihre Abschlusserklärung vor – eine Mischung aus Plädoyer und Analyse der Vorgänge rund um das Verfahren.

Aber: Ist mit dieser Einstellung der Fall aufgeklärt? Wohl nicht. Ist der polizeiliche Einsatz vollständig analysiert worden? Ging es um das Grundgesetz, die Versammlung, die Meinungsfreiheit? Konnten Ermittler und die Polizei aus dem Verfahren lernen? Gibt es ein Feedback? Alles sehr unbefriedigend. Doch mögliche Anstöße hat es gegeben, mehr kann man vielleicht auch gar nicht erwarten.

(Petra Brixel)

Im Folgenden ist die Schlusserklärung am 3. Prozesstag, 27. 03.2014, am Amtsgericht zu lesen:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Richter, sehr geehrte Frau Staatsanwältin, liebe Zuhörer und Zuhörerinnen,

wenn Sie mich jetzt nicht jubeln sehen angesichts der Tatsache, dass das Verfahren wegen Nötigung eingestellt werden soll, möchte ich Ihnen meine Gründe für mein Zaudern darlegen.
Natürlich ist jeder oder jede Angeklagte froh und erleichtert, wenn er oder sie hört, dass das Verfahren ohne einen Schuldspruch und ohne finanziellen Schaden für ihn zu den Akten gelegt wird. Wobei § 153 StPO ja kein Freispruch erster Klasse ist, sondern eben noch ein kleines G´schmäckle hat angesichts des Satzes in § 153 „… wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht.“

Das öffentliche Interesse wird ja eigentlich durch den Rahmenbefehl des Innenministeriums manifestiert. Ich stimme Ihnen allerdings auch zu, dass in unserem konkreten Fall das öffentliche Interesse nicht gegeben ist. Doch steht noch die Aussage im Raum, dass meine Schuld als gering anzusehen wäre. Ich bin davon überzeugt, dass ich gar keine Schuld habe, sondern ein Bürgerrecht wahr genommen habe. Und dass dieses Verfahren sehr wohl mit einem Freispruch hätte enden können und müssen.

Ich sehe aber auch, dass in diesem Fall ein Fortführen der Verhandlung – und es wäre bei genauer Aufarbeitung sicher noch ein 4.  und eventuell 5. Tag geworden – dass das weder dem Gericht noch mir noch meinem Rechtsbeistand noch den Zuhörern zumutbar wäre. Ich verzichte also auf eine weitere Aufarbeitung der Vorgänge am Morgen des 17.4.2012 gemäß der Forderung, dass Aufwand und Ergebnis in einem vernünftigen, allen Parteien zumutbaren Verhältnis zueinander stehen sollten.

Ich erinnere jedoch in diesem Zusammenhang an diejenigen Angeklagten, die am 19.11.2013 in dem gleichen Fall zu Geldstrafen verurteilt wurden. Sie haben ihre Berufungsverhandlung am Landgericht am 10. und 31. Juli 2014 mit nochmaliger  Aufarbeitung der Ereignisse vom 17.4.2012 und mit nochmaliger Befragung der Zeugen. Und es könnte am Landgericht durchaus zu einem Freispruch kommen. Das wäre dann allerdings schon eine merkwürdige juristische Situation, dass nämlich beim gleichen Tatbestand drei unterschiedliche Urteile ergangen wären: Verurteilung, Einstellung und Freispruch. Aber ich will nichts vorweg nehmen, das ist nur Hypothese und Wunschvorstellung.

Allerdings hielte auch ich einen Freispruch für angemessen, und das will ich kurz begründen.  Es ist bedauerlich, dass mein Rechtsbeistand und ich nun nicht mehr die Möglichkeit haben, einige Zeugen intensiver zu befragen. Ich hatte mich auf die Befragung des Einsatzleiters H. vorbereitet, hatte 10 Seiten konzentrierte  Fragen und einige interessante Vorhalte zusammengestellt. Dabei wäre herausgekommen, dass der Einsatzleiter auf viele Fragen keine Antwort gehabt hatte. Wie schon die Verhandlung am 19.11. 2013 ergeben hatte, wusste er fast nichts von dem Tag. Und vor allem hatte er kein Einsatzprotokoll. Er wäre also auch heute ohne Einsatzprotokoll gekommen. Das muss man sich mal vorstellen: Ein Einsatzleiter verfasst kein Protokoll. Er muss doch damit rechnen, dass es zu einem Gerichtsverfahren kommen kann, wenn er eine Anzeige macht. Und da steht er mit leeren Händen vor uns. Das ist nicht nur peinlich, das wirft ein schlechtes Licht auf die Institution Polizei, es hätte die Frage nach dem Qualitätsmanagement der Polizei aufgeworfen.

Des Weiteren hätte der Einsatzleiter – der die Anzeige geschrieben und dem Ermittler Daten geliefert hat – uns sagen müssen, wie es zu den unterschiedlichen Zeitangaben in Strafanzeige und Strafbefehl gekommen ist. Wie der LKW Sch. um 6:47 auf die Baustelle fahren konnte, wo sein Fahrtenschreiber 7:00 Uhr zeigte? Sch. selber sagte übrigens, er sei um 7:15 Uhr auf die Baustelle gefahren. Und dass er vor 7 Uhr gar nicht einfahren durfte wegen Bauvorschriften. Wurden da Zeiten rekonstruiert nach dem Motto „So könnte es wohl gewesen sein“? So, oder auch anders, also irgendwann zwischen 6:47 und 7:15 Uhr.

Der Einsatzleiter hätte uns auch erklären können, warum eigentlich er oder ein anderer Polizist zu dem angeblich genötigten LKW-Fahrer Sch. gesagt hat: „Sie haben mit der Sache nichts zu tun“. Herr Sch. sagte nämlich bei einer Vernehmung im Januar 2013 aus: „Ich habe auch noch einen der Polizisten gefragt, ob wir mit dem ganzen Fall etwas zu tun hätten. Der Polizist antwortete, das hat mich nicht zu interessieren, ich hätte mit dem Ganzen nichts zu tun.“ Angeblich ist er ja genötigt worden. Angeblich ist sein Wille gebrochen worden. Wenn er gar nicht auf die Baustelle fahren wollte und durfte, wie kann dann sein Wille gebrochen worden sein? Warum hat er dann mit der Sache nichts zu tun? Um ihn ging es doch! Wegen ihm sitzen wir doch hier, weil er nach der 2. Reihe-Rechtsprechung genötigt worden sein soll  – obwohl er auf einem Parkplatz 30 m entfernt stand und noch nicht arbeitsbereit war.

All das hätte dem Einsatzleiter auffallen müssen. Ihm hätte noch vieles auffallen müssen. Auch dass auf der Baustelle gar nicht gearbeitet wurde, der Bagger nicht besetzt war – ich aber laut Strafbefehl die Bauarbeiten behindert haben soll.
Er hätte wissen müssen – das erwarte ich von einem Einsatzleiter der Wolframstraße – dass er es weiß oder sich informiert hat, dass kurz zuvor der erste Personen-Unfall an der S21-Baustelle passiert ist, ein Zeichen für die grobe Fahrlässigkeit im Sicherheitskonzept der Baustelle. Aber Einsatzleiter H. sagte am 19.11.2013: „Es gab keinen aktuellen Anlass für eine Versammlung“. Dass das eben nicht stimmte, haben meine Ausführungen am 20.2.2014 wohl deutlich gemacht. Gerne hätte ich ihn mit Fotos und Video und meinem Redetext konfrontiert.

Dass es sehr mühsam ist, die Wahrheit zu erforschen, hat die Vernehmung des Zeugen Polizist S. gezeigt. Dieser behauptete felsenfest und mehrmals am Vormittag des 20.2.2014, dass er die Personen, denen er die Ansage gemacht hatte, immer unter Kontrolle und fest im Auge hatte. Erst am Nachmittag, diesmal nicht in Uniform, gab er nach nochmaligem, intensivem Nachfragen zu, dass er sich mindestens 2 Min. von der Gruppe entfernt hatte und ihnen den Rücken zudrehte, um den Einsatz zu koordinieren. In diesen 2 Min. muss ich dann gekommen sein. Ein Zuhörer, dem diese Diskrepanz aufgefallen war, entging nur knapp einer Ordnungsstrafe, weil er laut auf die Diskrepanz der beiden Aussagen aufmerksam machte. Also hatte Polizist Sch. am Vormittag – und das in Uniform – nicht die Wahrheit gesagt. Stellen Sie sich vor, es hätte die Befragung am Nachmittag nicht mehr gegeben. Herr Sch. ist leider nicht gerügt worden, dass er am Vormittag nicht die Wahrheit gesagt hat.

Hohes Gericht, ich will keine Vorwürfe machen, sondern mit diesen wenigen Beispielen nur andeuten, dass ich es bedaure, die Polizeikräfte nicht auf ihre Sorgfaltspflicht hinweisen zu können. Denn das ist es ja, was diesem Polizeieinsatz gefehlt hat: die Sorgfaltspflicht.
Es hat sich keiner um die berechtigten Anliegen der Demonstranten gekümmert, nicht einmal in Betracht gezogen, ob sie wohl zu Recht demonstrieren. Das hat etwas mit der rätselhaften Entscheidungsmatrix zu tun. Die hätten wir auf jeden Fall sehen wollen. Und ich denke, es ist auch im Sinne der Wahrheitsfindung des Gerichts, dass Sie, Herr Vorsitzender, endlich diese Matrix anfordern. Es kommen doch in diesen Monaten und Jahren permanent Verfahren auf den Tisch, wo es um polizeiliche Maßnahmen  geht und da wabert immer diese Matrix im Raum.

Herr Vorsitzender und Frau Staatsanwältin, wenn ich Sie wäre, so würde ich gar keinen Prozess beginnen, wenn ich nicht endlich diese Matrix und außerdem den Rahmenbefehl auf dem Tisch hätte. Ich würde sagen: Ohne Matrix und Rahmenbefehl geht gar nichts.“ Dann müsste endlich Innenminister Gall oder der Polizeipräsident mit dem Rahmenbefehl herausrücken. Und dann würde vielleicht auch klar werden, warum die Polizei bei ihren Einsätzen im Rahmen von S21 dem Versammlungsrecht keine Chance gibt. Warum sie, wenn sie ein paar Leute vor einem LKW oder Bautor sieht, dies sofort als „Verhinderungsblockade“ einstuft.

Das erinnert mich an den ersten LKW-Fahrer K., der in der Verhandlung am 20.2.2014 behauptete, dass alle fünf Demonstranten weggetragen wurden. Auf die Frage des Rechtsbeistands, ob wirklich alle fünf getragen wurden, sagte er ganz klar „ja, alle“. Außerdem hätten die Demonstranten alle die typischen gelb-roten Schilder getragen. Nun muss man wissen, dass kein Einziger weggetragen wurde und an diesem Morgen von gelb-roten Schildern kaum eines zu sehen war. Das gehört zum Thema Wahrnehmung. Aber wenn dieser Zeuge voll Inbrunst das Falsche aussagt, wie kann man dann seine anderen Aussagen als wahr einstufen? Wie viel gilt seine Aussage?

Und so wie der LKW-Fahrer davon ausgeht, dass Demonstranten grundsätzlich weggetragen werden und sie in Stuttgart grundsätzlich gelb-rote Schilder dabei haben, so ist auch die Wahrnehmung der Polizei getrübt und Blockaden sind grundsätzlich Verhinderungsblockaden und demnach Nötigungen.
Polizisten! - möchte ich rufen - macht einen Paradigmenwechsel und unterstellt den Demonstranten zunächst einmal die Wahrnehmung ihrer Bürgerrechte nach GG Art. 8 (Versammlungsfreiheit)! Und handelt danach, löst die Versammlungen ordnungsgemäß auf, weist ihnen einen alternativen Versammlungsplatz zu. Damit ersparen die Polizisten den Gerichten viel Arbeit. Und ihr macht damit das, was eure Aufgabe nach dem Polizeigesetz von Baden-Württemberg ist, nämlich § 1: „Die Polizei hat die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird  … soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Sie hat insbesondere die verfassungsmäßige Ordnung und die ungehinderte Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte zu gewährleisten.“

Wenn es darum geht, dass Ruhe und Ordnung als erste Bürgerpflicht mit dem Bürgerrecht auf Versammlungsfreiheit konkurriert, so ist das GG Art 8. in der Güterabwägung als höherrangig einzuordnen. Und so hatten die Demonstranten am 17.4.2012 eben auch das Recht, dort zu protestieren.
Solcherart Ermittlungen nach einer Anzeige durch den Einsatzleiter wären dann Aufgaben des Ermittlers, des Sachbearbeiters, gewesen.  Und – das möchte ich betonen – ist es auch nach § 160, Abs. 2 der StPO die Pflicht von Ermittlern der Staatsanwaltschaft, entlastende Umstände zu ermitteln: Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln …“ In meiner Akte habe ich nichts gefunden, was darauf hindeutet, dass sich der Ermittler die Mühe gemacht hätte, etwas Entlastendes zu finden. Er hätte zumindest herausfinden können, dass kurz vorher ein Unfall passiert war. Aber das ist offensichtlich gar nicht im System vorgesehen.

Und wenn ich jetzt von System spreche, dann komme ich am System Häussler nicht vorbei. Ich finde es traurig und tragisch, dass sich die Stuttgarter Justiz auch fast ein Jahr nach Herrn OStA Häusslers Eintritt in den Ruhestand immer noch nicht von ihm lösen und ein eigenes Profil aufbauen kann.
Der Geist von OStA Häussler lastet wie Feinstaub in diesen Gerichtssälen. Im „Spiegel“ vom 24.2.2014 spricht Herr Häussler aus, was Sie am Gericht in Schockstarre versetzen müsste. Herr Häussler sagt in einem Interview, „…dass ein Staatsanwalt getrieben sei, etwas herauszufinden. Das Ziel sei die Wahrheit  und dafür brauche es schon ein bisschen Jagdinstinkt.“
Sie am Amtsgericht sind es, die unter der Ära Häussler zu leiden haben. Sie sind es, die unter dem schlechten Image der Stuttgarter Justiz leiden. Sie sollten sich davon befreien. Und der erste Befreiungsschlag wäre, die unsäglichen Anschuldigungen in den Strafbefehlen zu durchforsten auf ihren Wahrheitsgehalt und auf die Gültigkeit.

Schon allein, wenn  in meinem Strafbefehl steht, das Projekt ist umfassend, demokratisch und abschließend rechtlich legitimiert. Wenn dort steht, der Finanzierungsvertrag von 2009 ist rechtlich bindend und die Kosten sind im Haushaltsplan verankert, die Meinungsbildung des Volkes ist abgeschlossen, S21 ist bei der Schlichtung umfassend diskutiert worden, die Entscheidung des Wahlvolkes habe den Bau legitimiert, usw. usw. … dann stehen dort nur Unwahrheiten. Wenn das Ziel der Staatsanwaltschaft das Finden der Wahrheit ist, dann sollte endlich die Staatsanwaltschaft die Wahrheit von Stuttgart 21 ans Licht bringen. Der Strafbefehl jedenfalls strotzt nur so vor Unwahrheiten.
Aber man recherchiert nicht und man schreibt Floskeln. Wird schon passen. Fällt vielleicht gar nicht auf. Und wenn doch, dann wird´s schon das Gericht richten. Was sind das für Einstellungen?
Die rechtliche Einschätzung von Herrn OStA Häussler ist das Grundproblem aller Gerichtsverfahren. Nach seiner Meinung ist das Projekt durch alle Instanzen gegangen und unanfechtbar legal. Deshalb gibt es kein Zurück, deshalb gibt es keinen Grund, dagegen zu demonstrieren. Dieser Ansatz ist aber falsch.

Aber ich hätte in diesem Prozess für jede dieser Behauptungen – die ja Teil der Anklage und ihre Begründung sind – für jede dieser Behauptungen hätte ich Beweisanträge gestellt, ich hätte hier Zeugen haben wollen, die mir sagen, wie das ist mit dem Sicherheitskonzept, dem Brandschutz, der lupenreinen Finanzierung, den von Schlichter Geissler geforderten 9. und 10. Gleisen, den versetzten Bäumen, der abgeschlossenen Meinungsbildung, der Volksabstimmung, die allenfalls als manipuliertes Meinungsbild gelten kann, aber nicht als Legitimation für Baurecht, usw. usw.

Und das hätte noch sehr lange gedauert. Deswegen bitte ich Sie, Herrn Vorsitzenden und Sie, Frau Staatsanwältin, überprüfen Sie alle Strafbefehle im Hinblick auf Häussler´sche Anschuldigungen und Rechtfertigungen, die unhaltbar sind, die zeigen, dass hier angeklagt und verurteilt werden muss, damit das Volk nicht etwa aufmüpfig wird und seine Bürgerrechte wahr nimmt.

Nach dem 2. Weltkrieg, als Deutschland in alliierte Zonen aufgeteilt war und das Recht der Alliierten galt, gab es eine Vorschrift, nach der sich strafbar machte,  „… wer gegen die öffentliche Ordnung verstößt oder gegen die Interessen der alliierten Streitkräfte … handelt.“ Diese Strafnorm ist dann für nichtig erklärt worden, denn sie war so unbestimmt, dass man raten musste, was eigentlich strafbar sein sollte.
Diese Denkweise jedoch finden wir bei S21 wieder. Heute heißt es in Stuttgart analog: „.. wer gegen die öffentliche Ordnung verstößt oder gegen die Interessen der alliierten Tunnelbaubetreiber handelt, macht sich strafbar.“ Sie werden sagen, das sei maßlos übertrieben und eine freche Unterstellung. Doch überlegen Sie bitte, ob nicht etwas an dem Gedankengut dran ist. Ich erwähne nur den „Rahmenbefehl.“

Und deshalb, weil die Interessen der alliierten Tunnelbaubetreiber bedroht sind, wird das angebliche Baurecht über Grundrechte gestellt. Ich sage nur: Artikel 5 Meinungsfreiheit; Art. 8 Versammlungsfreiheit; Art. 13 Unverletzlichkeit der Wohnung; Art. 14. Eigentum und Enteignung; Art. 15 Sozialisierung; Art. 20 Widerstandsrecht; Art. 20 a Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
All diese GG-Artikel werden in Stuttgart durch das nur in Teilen erwirkte Baurecht außer Kraft gesetzt.

Herr Richter a.D. D. hat am 23.7.2012 sehr weise geschrieben: „Es wird angeregt, den Sachverhalt auf das tatsächlich und rechtlich Vorwerfbare zu beschränken und nicht die Rechtsauffassung  … der Staatsanwaltschaft unter dem Titel Sachverhalt einzubringen. Es geht fehl, wenn den Beschuldigten als Demonstranten quasi das Demonstrationsrecht mit der Begründung abgesprochen wird, das Projekt sei demokratisch und rechtlich legitimiert, die öffentliche Meinungsbildung abgeschlossen und die Entscheidung des Wahlvolkes sei zu akzeptieren. …“  Er widersprach im Folgenden auch der Anklage, dass die Beschuldigten durch ihre Behinderungen der Zu- und Abfahrten die Aufgabe des ganzen Bauvorhabens erzwingen wollten. Er kritisierte einen voreiligen Baubeginn und fehlende Planfeststellungsverfahren und dass noch Klageverfahren mit ungewissem Ausgang anhängig seien.

Hohes Gericht, mein Anliegen mit dieser Erklärung war, für mich und auch für Sie und auch als Dankeschön an die solidarischen Zuschauer die Gelegenheit wahr zu nehmen, Sie von Herzen zu bitten, genau hinzuschauen, was am Gericht abläuft. Es würde mich freuen, wenn Sie die Ära Häussler hinter sich lassen könnten, indem Ihre Ermittler sorgfältiger arbeiten würden und S21-Strafbefehle nicht mehr vom Jagdinstinkt diktiert werden. Sollte es dennoch Strafbefehle geben, so mit einem  der Wahrheit entsprechenden Text anstatt der Häussler´sche Satzbausteine.

Dass es ein Nachdenken, vielleicht auch ein sorgsames Umdenken bei Gericht gibt, hat ein Freispruch für sechs Blockaden am Landgericht vor zwei Wochen gezeigt. Das hat auch die Einstellung eines Verfahrens am Amtsgericht wegen angeblicher Nötigung mit sechs Angeklagten gezeigt. Und das zeigt auch die heutige geplante Einstellung. Ich werte das als gutes Zeichen und es ist ermutigend für die kritischen  Menschen, die sich unter Wahrnehmung des Versammlungsrechts gegen ein Menschen und Natur verachtendes und unfinanzierbares Projekt stellen und setzen und protestieren. Ich werte Freispruch und Einstellungen nach §153 auch als ein gutes Zeichen für die Justiz in Stuttgart, die sich von der psychischen Übermacht von OStA Häussler befreien will.
Ich werde mich der Einstellung meines Verfahrens nicht entgegen stellen und nehme sie an. Vielen Dank, Hohes Gericht, dass ich diese Erklärung abgeben konnte.

(Petra Brixel)

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Eine Antwort zu Bericht aus dem Gerichtssaal: Einstellung des Verfahrens wg. Nötigung

  1. Jue.So Jürgen Sojka sagt:

    Hallo Petra P.,
    hallo “Bei Abriss Aufstand-Team”,
    hallo Interessierte,

    danke für Ihren Bericht aus dem „Gerichtssaal“ Amtsgericht Stuttgart.

    Eine kleine Richtigstellung zu Beginn meiner Antwort auf Ihren Bericht Petra P.:
    – „Eine Einstellung ist kein Urteil, …“
    ___wenn Sie sich selbst gegenüber so freundlich sein wollten, und die
    ___Sprachdiktion der Richter in der Bundesrepublik Deutschland (“BRD“), sich
    ___nicht zu eigen machen wollen – es geht vor einem _D e u t s c h e n_
    ___Gericht _n i e m a l s_ um ein „Urteil“, es geht grundsätzlich _i m m e r_ um
    ___einen _R e c h t s s p u c h_ – “Recht sprechen“!!!!
    *
    ___Mitbetrachtung – Richter und Staatsanwälte in der “BRD“ leben, mit ihrem
    ___Denken und Handeln, in der Weimarer Republik; besonders der 2. Hälfte!
    ___Auszug aus unserem Grundgesetz (“GG“) 40. Auflage 1969, Seite 15,
    ___Einführung
    ___Übersicht über die Vorgeschichte des Grundgesetzes
    ___… Die Weimarer Verfassung ist zwar niemals ausdrücklich aufgehoben
    ___worden, doch galt sie unter der Diktatur Hitlers als Verfassungsrecht faktisch
    ___nicht mehr.
    *
    ___Juristen als Deutsche mit weißer Hautfarbe geboren, den 1. Bildungsweg in der ___“BRD“ durchlaufen, ermangeln einer Fähigkeit, sie verweigern sich selbst
    ___gegenüber eigenverantwortlich zu denken und zu handeln – was beeindruckend ___in unserer Landeshauptstadt Stuttgart zu erleben ist!!
    *
    ___Es gab übrigens einen überaus intensiv geführten Streit über die „Benennung“
    ___mit dem Begriff “Recht“, “Rechtsspruch“ … anstatt “Urteil“, “Urteilsspruch“,
    ___den die _K o n s e r v a t i v e n_, die _e w i g_ _G e s t r i g e n_, in der
    ___Weimarer Republik verhaftet, mit ihrem Denken und Handeln, beibehalten
    ___wollten – ganz verhaftet im Übergehen der _V e r f a s s u n g_ der “BRD“, des
    ___Völkerrechts, der Menschenrechte und der Grundrechte!
    *
    Jede Amtsperson beeidet ihre _R e c h t s t r e u e_ auf unsere Verfassung, das
    Grundgesetz, das Völkerrecht, die Menschenrechte – nicht auf 5 Freunde, wie
    Helmut Kohl sie zu nennen pflegt!

    „Eine Einstellung ist kein Urteil, …“
    ___die „Einstellung“ führt zu einer _V e r f a h r e n s u n t e r b r e c h u n g; die,
    ___bei Akzeptieren durch die „Prozess-Beteiligten“, dazu führt, dass die Recht
    ___sprechende „Person“ (Richter/Richterin) keine _E n t s c h e i d u n g_ zu
    ___treffen braucht – es erfolgt also kein _B e s c h l u s s _ mit _G r u n d s a t z_-
    ___Charakter, auf den sich „Andere“, in einer ebensolchen „Rechtssituation“,
    ___berufen könnten!! – wir „konstruktiv denkenden und handelnden“ bezeichnen
    ___das mit der Begrifflichkeit „verweigern Verantwortung zu übernehmen“.
    *
    Das mag es zunächst zur „Gerichtsverhandlung“ am 27.03. 2014 sein – es würde
    noch einiges mehr, zur „Richtigstellung“ (Rechtsstellung …) sein.

    Freundlichst
    Jue.So Jürgen Sojka geboren in Stuttgart, Rechtskundiger

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