Rede von Bruno Baumann, Parkschützer, auf der 184. Montagsdemo am 12.8.2013
Stadt-Klimaerwärmung und S21
Guten Abend,
am heutigen Montag spreche ich über unser Klima in Stuttgart. Manchmal hilft ein Blick zurück, um die richtigen Schritte in die Zukunft zu gehen.
In früheren Zeiten strömte – aus Heslach kommend – am Abend noch ein unsichtbarer Luftstrom über den Schlossplatz und verbreitete eine angenehme Kühle. Dies geschieht schon seit Jahren nicht mehr, zum Leidwesen von Mensch und Natur. Durch Verbauung der für Stuttgart lebenswichtigen Frischluftschneisen im Bereich des A1-Geländes mit zwei weiteren 60 m hohen Hochhäusern steigt somit weiter von Jahr zu Jahr die Temperatur im Kessel. Dadurch gibt es eine noch höhere gesundheitliche Belastung im Innenstadtbereich, obwohl eine verträglichere Bauweise möglich gewesen wäre.
Erst letzten Dienstag warnte die ‚Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg‘ in den Medien vor den Auswirkungen der Klimaerwärmung mit massiven Temperaturerhöhungen u.a. auch in Stuttgart. Wir haben es inzwischen nicht mehr 5 vor 12, sondern schon danach!
Gemäß der Sonderausstellung „Gradwanderung“, die vor ein paar Jahren im Rosensteinmuseum zu erleben war, werden wir nicht erst in 50 Jahren ein Klima wie in Mailand haben, sondern wesentlich viel früher – Experten gehen inzwischen von der Hälfte der Zeitspanne aus!
Darum brauchen wir dringend Anpassungsstrategien an die absehbaren Änderungen und Korrekturen von Fehlern, wie sie bei einer inzwischen 20 Jahre alten S21-Planung der Fall sind.
‚Palme des Jahres‘ statt ‚Baum des Jahres‘ – hört sich im ersten Moment doch nicht schlecht an, wobei die Böden natürlich nicht dafür geeignet sind! Trotzdem wird Baum um Baum abgeholzt und die Böden versiegelt. Wohin das führen kann, sah man beim letzten Hochwasser. Doch wer hatte Schuld: die „böse“ Natur, die sich dem Zugriff des Menschen und auch dessen Politik entzieht. Nach klirrender Kälte kam brütende Hitze mit extremen Regenfällen, gepaart mit noch nie dagewesenen Hagelniederschlägen. Doch gleich wurde behauptet, die Bäume zerstören angeblich mit ihren Wurzeln die Dämme, obwohl diese erst den richtigen Halt geben. Nicht die begradigten Flüsse und zugebauten Ufer sind schuld, sondern der viele Regen ließ die Flüsse über die Ufer treten.
Jetzt allerdings die Hände in den Schoß zu legen und gar nichts mehr dagegen zu unternehmen, ist erst recht keine Lösung.
Viele BürgerInnen – auch aus den Reihen des Widerstandes – glaubten, unter Grün-Rot und neuerdings unter einem grünen OB würde sich vieles ändern – sie wurden nicht enttäuscht: so braun, dreckig, verrohrt und verkrahnt war Stuttgart schon lange nicht mehr. An jedem Fleck „erblüht“ das Betongold und wachsen graue glasige Riesen in den Himmel. Bäume werden nach Bedarf umgesägt und an anderer Stelle ein paar Bäumchen als „Ersatz“ gepflanzt.
Schlossgarten, Rosensteinpark und am Ende auch der Stadtgarten stehen dabei ganz oben auf der Liste.
Es gilt immer noch „Ein Baum – das beste Argument gegen S21“. Eine 100 Jahre alte und 20 m hohe Buche bräuchte 2500 Jungbäumchen als Ersatz für guten Sauerstoff, Luftfeuchtigkeit, und mehr Lebensqualität!
Sollte am Ende S21 doch an der Machbarkeit scheitern, gibt es wieder Platz für neue Luxusimmobilien in Halbhöhenlage im inzwischen durch massive Grundwasserabsenkungen zerstörten und versteppten Rosensteinpark.
Die GRÜNEN haben uns eine grüne Zukunft versprochen mit aktiver BürgerInnen-Beteiligung – deren Umsetzung steht bis zum heutigen Tage noch aus. In vielen Bereichen wird das Schwarz-Gelbe Schema übernommen und stellenweise sogar noch verschärft!
Die „Verschönerung“ des Stadtgartens soll mit der Fällung von bis zu 83 Bäumen umgesetzt werden – da gibt es am Ende sogar noch Platz für einen Erweiterungsbau der Universität!
Beim geplanten „Tiefbahnhof“ gibt es sogar „Oben“ noch einen Betongarten auf Wunsch in der Farbe Grün!
Schauen wir also mit Stolz auf den längsten Widerstand in Deutschland, der nicht zurück ins Museum gehört, und richten unseren Blick mit erhobenem Kopf nach vorn und zeigen somit, dass wir über unsere Zukunft entscheiden und nicht die sogenannten Volksvertreter, die sich eher der Wirtschaft verpflichtet fühlen als den BürgerInnen.
Oben bleiben, die Natur erhalten und die Zukunft gestalten.