Amtsgericht Stuttgart widerspricht Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Stuttgart, 24. Mai 2013: Am 25.9.2012 hatten sich 20 bis 30 S21-Gegner vor der Baustelle am abgerissenen Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs versammelt; sie trugen Transparente, riefen Sprechchöre gegen den Bau von Stuttgart 21. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) (1BvR388/05 vom 7.3.2011) handelte es sich demnach um eine Versammlung. Dies jedoch bestritt der Einsatzleiter der Polizei im gestrigen Bußgeldverfahren gegen den S21-Gegner Ernest Petek, dem er damals einen Platzverweis erteilt hatte, dem dieser nicht gefolgt war. Dies war Gegenstand der gestrigen Verhandlung im Stuttgarter Amtsgericht.
Vor Gericht bestätigte der Einsatzleiter der Polizei zudem, dass es sich nach seinem Ermessen nicht um eine spontane Versammlung gehandelt hatte, da es seiner Auffassung nach am 25.9.2012 keinen aktuellen Anlass hierfür gegeben habe. Dem schloss sich die Richterin des Amtsgerichts Stuttgart an und verurteilte Ernest Petek zu einem Bußgeld von 100 € entgegen den Grundsatzentscheidungen des BVerfG.
Ernest Peteks Rechtsbeistand bei der Verhandlung, Holger Isabelle Jänicke, erklärte nach der Urteilsverkündung: „Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben allein die Versammlungsteilnehmer das Recht, zu definieren, ob sie eine Versammlung sind. In anderen Bundesländern wird diese Entscheidung des BVerG respektiert. Die heutige Entscheidung des Amtsgerichts zeigt: Nur in Stuttgart werden offensichtlich Gegner des Projekts S21 als Störer bezeichnet und nicht als mit demokratischen Grundrechten ausgestattete Bürger.“
Ernest Petek zum Urteil: „Alles, was gegen dieses Urteil sprach, hatte die Richterin versucht zu unterbinden. Immer wieder hat sie mich bei meiner Aussage unterbrochen. Für mich war es deshalb eine Pseudoverhandlung, bei der die Richterin ihr Urteil schon vorher festgelegt hatte.“
Insbesondere mit Blick auf die am Sonntag beginnenden Arbeiten zur Verlegung des Querbahnsteigs am Stuttgarter Hauptbahnhof, erklärt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer: „Auch bei den weiteren S21-Arbeiten werden wir von unserem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch machen und gegen das Projekt S21 demonstrieren. Wir lassen uns davon nicht durch Urteile des Amtsgerichts abhalten, die im Widerspruch zu Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts stehen.“
Wenn ich das richtig verstanden habe, ging es doch nicht um den Charakter der Veranstaltung, sondern um den konkreten Ort, nämlich vor der Baustellenzufahrt.
„Die Blockierer“ treffen sich ja nun schon lange dienstags regelmäßig zur Baustellenblockade und publizieren dies auch entsprechend.
Spontan ist das nun also kaum.
Weshalb soll das nun plötzlich nicht mehr gelten?
Auf dem Gehweg darf man sich natürlich versammeln, die Straßennutzung regelt sich dabei auch für Demonstranten nach der StVO.
@Friedrich ich habe im GG noch nie etwas über die StVO gelesen. Könnten Sie mir freundlicherwiese den Artikel oder die Passage nennen? Wäre mir völlig neu, dass die StVO über Artikel 8 im GG steht.
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Hier kann man wieder eindeutig sehen , das Recht und Gesetz in Stuttgart gebeugt und mit Leidenschaft gebrochen wird. Das skurrile dabei, von Staatseite.Friedliche und unbescholtene Bürger werden verfolgt , verurteilt und kriminalisiert. Rechte Gewalt und deren Straftaten verharmlost und unter den Teppich gekehrt . Wessen Geisteskinder sind die wohl? Die Öffentlichkeit muß endlich begreifen und Kenntnis bekommen was sich hier in Stuttgart abspielt; nicht das hinterher gesagt wird : WIR HABEN NICHTS DAVON GEWUßT!!!
Beim Lesen des Berichts über die Verhandlung
aber auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu einem ähnlichen Sachverhalt (Blockade bzw. Versammlung)
muss genau hingeschaut werden, welcher Sachverhalt vorliegt.
Eine pauschale Verneinung des Vorliegens einer Versammlung, wie ein Kommentator meint, ist nicht zulässig.
So einfach ist das Grundrecht Art. 8 GG nicht außer Kraft zu setzen, auch wenn dies manche gerne so sehen würden.
Ob spontan oder angemeldet, eine Versammlung, die zur Meinungsbildung dient kann nicht durch die Polizei durch einen
Platzverweis als ausreichendes rechtliches Mittel behandelt werden. Ob evtl. eine Blockade den Einsatz von polizeilichen
Mitteln rechtfertigt, bedarf einer besonderen Prüfung.
Ich möchte hier nicht auf weitere Details eingehen, aber korrekte Polizeiarbeit ist an Gesetz und Recht gebunden (siehe Grundgesetz Art. 20 Abs.3).
Da in der Praxis dies auch schiefgehen kann, gibt es, leider erst hinterher, den Rechtsweg, sofern man dies für zielführend
hält. Auch daran kann man zweifeln, wenn das Kind mit dem Bad schon ausgeschüttet wurde.
Allgemein bleibt manchmal am Schluss solcher juristischen Feinheiten das schale Gefühl, dass man im falschen Film war/ist.
Vielleicht muss es heutzutage deshalb so viele Anwälte geben, um ein Gegengewicht gegen Rechtsfehler in der Praxis
zu bilden.
Es gilt wie schon immer der Satz: Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand.
In Stuttgart sind wir schon einen Schritt weiter.
Diesen Kommentar schreibe ich unter BAA sowie Parkschützer.de, damit sich jeder Betroffene ein eigenes Bild machen kann.