[Update] Protestrede Volker Löschs gegen skandalöse Baumfällungen im geschützten Rosensteinpark

Video der Rede vom 25.02.2013

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
vor drei Stunden habe ich mich spontan dazu entschlossen, hier zu sprechen.
Der Anlass ist der Beginn der Baumfällarbeiten am Rosensteinpark.
Heute wurde mit den Baumfällungen an der Ehmannstraße begonnen.
Dazu brauchte man nicht den Gestattungsvertrag,
den Nils Schmid unterschreiben müsste,
sondern es handelt sich dabei um einen anderen:
einen Gestattungsvertrag aus der Wolfgang-Schuster-Zeit
den er kurz vor Weihnachten – ein paar Tage vor Dienstschluss – unterschrieben hat.
Wolfgang Schuster – Ehrenbürger der Stadt Stuttgart!

Es waren also Bäume auf städtischem Grund – nicht auf Landes-Grund.
Dieser Vertrag ist unterschrieben – und also rechtskräftig.
Der Skandal aber ist, dass die Bahn erneut
nach dem sinnlosen Schleifen von Nord- und Südflügel
nach dem Abholzen des Schlossgartens – dass sie wieder provoziert.
Obwohl das Unternehmen „Stuttgart 21" wackelt wie nie zuvor,
besteht die Bahn darauf, ihre Provokationen fortzusetzen.
Offensichtlich haben die Versprechungen von Merkel und Schäuble
und die Klageandrohungen gegen das Land
den Ignoranten und Stadtzerstörern wieder Oberwasser verschafft.

Lieber Rüdiger Grube,
Ihre lächerlichen Durchhalteparolen für ihren S21-Schwachsinn
lassen uns nicht mal mehr müde lächeln.
Dass sie es aber – in Anbetracht der desolaten Lage Ihres Projektes – wagen
heute hier an einen der schönsten Parks im Südwesten Hand anzulegen,
das ist nicht nur eine weitere dreiste Provokation –
das ist feige! Das ist erbärmlich! Das ist charakterlos!

Man muss Ihnen und Ihresgleichen nun wirklich langsam wünschen,
dass Sie sich in nicht allzu ferner Zeit vor Gerichten rechtfertigen müssen,
denn was sie da wider besseres Wissen tun, ist die Zerstörung von Volkseigentum.

Liebe Freundinnen und Freunde,
heute kommen Bilder hoch,
Bilder vom letzten Winter aus dem Schlossgarten.
Auch damals gab es keine unmittelbare Notwendigkeit
für das brutale Plattmachen des schönsten Ortes in Stuttgart.
Und dass dann ein ganzes Jahr lang auf dieser Baustelle rein nichts geschieht –
das Abholzen also offensichtlich eine der vielen Machtdemonstrationen war –
ist eine der traurigen Wahrheiten dieses Irrsinns.

Aber heute befinden wir uns in einer gänzlich anderen Situation.
Die erneuten Abholzungen wiegt heute weit schwerer –
hat sich doch in den letzten Wochen in eklatanter Weise gezeigt,
wie sinnlos in jeglicher Hinsicht, wie verlogen und zerstörerisch
das Projekt „Stuttgart 21" ist.
All unsere Kritikpunkte der letzten Jahre
haben die Planer von S21 in atemberaubender Selbstdemontage
um weitere Dimensionen übertroffen.

Die Sinnlosigkeit dieses Projekts ist so radikal augenfällig,
dass eine klare Mehrheit der Baden-Württemberger inzwischen wieder dagegen ist.
54 Prozent der Wahlberechtigten lehnen „Stuttgart 21" heute ab;
nur noch 39 Prozent befürworten es.
So lautet das Ergebnis einer aktuellen emnid-Umfrage.
Und damit hat sich das Verhältnis innerhalb von gut einem Jahr
ins Gegenteil verkehrt.
Selbst die Bild-Zeitung schreibt vom Ende von Stuttgart 21.
Parallel dazu werden die Proteste wieder stärker
so viele wie am vergangenen Samstag waren lange nicht mehr da.

Liebe Freundinnen und Freunde,
wir haben neben unserer dauerhaften Präsenz auf der Straße
immer an unsere Argumente geglaubt, immer mit Fakten gearbeitet.
Wir sind in erster Linie denkende Bürger,
die sich an der Einschätzung von Sachverhalten orientieren.
Und ich sage es zum hundertsten Mal
und werde es gerne noch tausendmal sagen:
Wir werden uns hier so lange weiter engagieren,
bis wir am Ziel sind; bis „Stuttgart 21" der Geschichte angehört!

Und was machen in dieser scheinbar aussichtslosen Situation
die Verantwortlichen auf der Gegenseite?
Der Aufsichtsrat der Bahn hat nun dem Unternehmen empfohlen,
wenn nötig, die erneuten Mehrkosten einzuklagen
„Stuttgart 21 wird gebaut" verkündete Wolfgang Schäuble am Wochenende.
Ausgerechnet der! – unser Finanzminister,
der Obersparkommissar der Europäischen Union!
Da setzen Merkel und Schäuble in Brüssel vor allem zugunsten der Großbanken
die brutalsten Sparprogramme der EU-Geschichte durch;
sie erschleichen sich gesetzeswidrig Subventionen für S21,
und gleichzeitig wollen Angela Merkel und Wolfgang Schäuble
in Stuttgart Milliardenbeträge an Steuergeldern vergraben,
denn sie haben angedeutet, dass der Bund für das Pleiteprojekt
seinen „Schutzschirm" ausspannen könne.
Einen Schutzschirm wie einst bei den Banken.
Irgendwoher wird das Geld schon kommen!
Fest steht nur eines: es wird von uns – es wird vom Steuerzahler kommen!

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
bei der skandalösen Bankenrettung 2008 haben wir versäumt,
auf der Straße angemessen zu reagieren.
Aber jetzt werden wir uns das nicht mehr bieten lassen!
Das letzte Wochenende hat gezeigt, wie wir mobilisieren können.
Die Widerstandsbewegung gegen S21 ist präsenter denn je.
Ihr werdet Eure dreisten Umverteilungsprogramme
nicht noch einmal durchziehen – das sei hier versprochen!

2010 verriet die Kanzlerin bei einer Veranstaltung
des Bundesverbandes der Industrie (BDI) in Berlin
warum ihr eine Niederlage der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21
so wichtig ist:
Wenn sie in Europa einräumen müsse, so Merkel,
dass Deutschland aufgrund von Protesten seine Zusagen nicht mehr einhalten könne,
dann käme – Zitat – „morgen mein griechischer Kollege und sagt
weil bei uns so viel protestiert wurde kann ich die Stabilitätszusagen nicht mehr einhalten."

Angela Merkel geht es also längst vor allem ums Prinzip
und das heißt: Der Protest der Bürger darf sich nicht durchsetzen,
denn das könnte ja Schule machen.
Dann doch lieber einen Schutzschirm aufspannen – für das Pleiteprojekt.

Wir, Sabine Leidig, Egon Hopfenzitz, Walter Sittler und ich,
haben Angela Merkel letzte Woche einen Brief geschrieben.
Wir haben alle sachlichen Gründe skizziert:
Kostenlüge – Kapazitätsabbau – Schrägbahnhof –
ökologische Risiken, und
wir haben an ihr Berufsethos als Naturwissenschaftlerin,
an ihre Ratio appelliert – ich zitiere aus dem Brief:

„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Sie haben nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima
und nach den in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
für Ihre Partei verlorenen Landtagswahlen vom 27. März 2011
in Sachen Atomkraft eine radikale Kehrtwende vorgenommen,
die viele Ihrer politischen Freunde einigermaßen konsterniert zur Kenntnis nahmen.
Sie haben damals unter Beweis gestellt,
dass Sie zu einer politischen Neupositionierung bereit und in der Lage sind,
wenn die politischen Verhältnisse auch aus Ihrer Sicht
eine solche Wende nahelegen – ja notwendig machen.
Wir sind felsenfest davon überzeugt: Stuttgart 21 wird scheitern,
das Aus für das Projekt wird kommen!
Je früher das stattfindet,
desto eher ergibt sich noch eine gewisse Schadensbegrenzung
politischer und materieller Art,
auch wenn die inzwischen durch S21 bewirkten Schäden immens sind
vor allem in Form des abgeholzten 100 und mehr Jahre
alten Baumbestandes im Schlossgarten ...“

Ich springe im Brief
„… Die Auseinandersetzung um "Stuttgart 21" dauert nun viele Jahre an.
Dabei geht es längst um mehr als nur um einen Bahnhof –
das haben Sie ja auch so beschrieben.
Umso mehr erstaunt, dass prominente Befürworter und Kollegen von Ihnen
den Widerstand der Bürgerinnen und Bürger stets unterschätzt haben.
Stefan Mappus gab sich vor der Wahl siegessicher, doch er wurde abgewählt.
Vor allem, weil viele ehemalige CDU-Wähler inzwischen gegen „Stuttgart 21" sind.
Die CDU hat eine historische Wahlniederlage in Baden-Württemberg hinnehmen müssen."

Eine Grün-Rote Regierung führt seither das Bundesland.
Der Stuttgarter Oberbürgermeister Schuster hat
aufgrund seiner Rolle in dieser Auseinandersetzung
auf eine erneute Kandidatur verzichten müssen; er wäre chancenlos gewesen.
Fritz Kuhn hat 2012 gegen Sebastian Turner gewonnen,
da der Widerstand gegen „Stuttgart 21"
bei seinen Wählerstimmen den Unterschied ausgemacht hat.
Wie es um die Kraft und Präsenz dieser Bewegung steht,
haben Sie bei Ihrem Besuch in Stuttgart im Oktober 2012 ja selbst erfahren dürfen.
Seither hat sich die öffentliche Meinung
noch einmal deutlich gegen „Stuttgart 21" gedreht.
Der Bahnhofsstreit ist und bleibt ein wichtiges – ein großes Thema in Deutschland.
Je weiter Sie die Entscheidung für einen Ausstieg hinausschieben,
desto mehr Bürgerinnen und Bürger werden sich von Ihrer Politik abwenden
und desto größer wird die für Sie und Ihre Partei
negative Auswirkung des Projektes „Stuttgart 21" auf die Bundestagswahl sein!
„Stuttgart 21" ist gescheitert – das ist inzwischen mehr als offensichtlich.
Wir fordern Sie mit allem Nachdruck dazu auf,
dieses sinnlose und zerstörerische Projekt sofort zu beenden.

Liebe Freundinnen und Freunde,
der Pferdefleischskandal weitet sich aus;
sogar Merkel reitet ein totes Tier.
Helfen wir ihr dabei, abzusteigen!

Lieber Winfried Kretschmann,
Sie haben letzte Woche dem Magazin Cicero ein Interview gegeben.
Darin gestehen Sie Ihre liebe zu Baumärkten.
Es sei Ihnen eine Freude,
„die verschiedensten Schlagbohrmaschinen in der Hand zu halten".

Über Stuttgart 21 hingegen verlieren sie kein Wort.
Über diese Unbedarftheit können wir milde lächeln.
Über Ihre Ankündigung,
dass die „Zeit des Durchregierens von oben vorbei sei",
können wir inzwischen sogar herzhaft lachen.
Über ihre Geschicklichkeit, opportunistische Politik so zu machen,
dass sie nicht als opportunistisch rüberkommt, müssen wir staunen.
An Ihrer – wider besseres Wissen – gebetsmühlenartigen Schwafelei,
die manipulierte Volksabstimmung sei bindend und gelte immer noch.
verzweifeln wir langsam.
Dass Sie aber Ihre Richtlinienkompetenz jetzt nicht dazu nutzen,
endlich das zu tun, was Sie vor Ihrer Wahl jahrelang gepredigt haben,
nämlich „Stuttgart 21 zu beenden" – das ist beschämend.
Lernen Sie von Angela Merkel, die geschafft hat,
gegen ihre eigene Klientel den Atomausstieg durchzusetzen.
Machen sie doch einmal einen Traum wahr;
den Traum vom aufrichtigen und ehrlichen Politiker.
Legen Sie Ihre Bohrmaschine zur Seite –
und schalten sie ihren Kopf ein.
Strafen sie uns Kritiker Lügen – gehen Sie in den Kampf mit der SPD –
scheißen Sie auf Machterhalt und Taktik
und machen Sie eine Politik, die den Namen Politik auch verdient.
Positionieren Sie sich – verhalten Sie sich endlich.
Helfen Sie aktiv dabei, „Stuttgart 21" zu beenden!

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
es lohnt sich immer wieder, hier zu sein;
für alle von uns,
denn es geht hier um nicht mehr und nicht weniger,
als um eine gigantische soziale und finanzielle Umverteilung.
Stuttgart 21 ist ein neoliberales Umverteilungsprojekt.
Es geht um Milliarden von Euro
und es geht um die Macht in diesem Land.
Haben wir Bürger die Macht, so wie es in einer funktionierenden Demokratie sein sollte,
oder haben die Spekulanten, Baulöwen und Immobilienhaie die Macht?
Stuttgart 21 ist eine ewige Baustelle für ewigen Profit!
Das ist der einzige Grund, weshalb trotz besseren Wissens
daran festgehalten wird.

Wir haben kein Geld und wir haben keine Netzwerke in der Politik,
aber wir sind trotzdem mächtig, da wir sehr viele sind.
Unsere Macht ist die macht der Straße,
die Macht der Vielen – die macht der Masse.
Seit drei Jahren demonstrieren wir macht-voll,
und massenhafter Protest wird uns am Ende als Sieger dastehen lassen.
Zeigen wir es ihnen – und steigern wir uns.

An den vielen von uns wird kein Weg vorbeigehen.
Wir werden die Machtfrage für uns entscheiden
und zwar auf der Straße. Oben bleiben!

Update (BAA) 12.03.2013:
Zu der Frage, wer die Baumfällarbeiten vom 25.2. am Rande des Rosensteinparks gestattet habe, liegen inzwischen zwei Stellungnahmen offizieller Stellen vor:

Stefan Keilbach, Pressesprecher und Bürgerreferent beim Polizeipräsidium Stuttgart, teilte am 1.3. auf Nachfrage mit:
"Gestattet" hat zu den von Ihnen angefragten Arbeiten das Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau. Im uns vorliegenden Vertragswerk wurden die beiden Flächen genau bezeichnet."

Und Gerhard Rotermund, Projektleiter im Tiefbauamt für Stuttgart 21, antwortete am 6.3. im Auftrag von OB Fritz Kuhn:
"Die am Rande des Rosensteinparks in den letzten Tagen vorgenommenen Rodungsarbeiten betreffen keine städtischen Grundstücke. Insofern waren in diesem Bereich keine Gestattungsverträge von Seiten der Stadt mit der Bahn abzuschließen. Von Seiten der Stadt wurden einzelne Straßenflächen der Ehmannstraße, die aus Sicherungsgründen und als Arbeitsraum für Arbeiten der Bahn auf benachbarten Grundstücken des Landes erforderlich waren, kurzzeitig zur Verfügung gestellt. Die Verpflichtung zur Bereitstellung der für den Bau benötigten Grundstücke ergibt sich aus den Planfeststellungsbeschlüssen."

Weitere Infos im Parkschützer-Forum.

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2 Antworten zu [Update] Protestrede Volker Löschs gegen skandalöse Baumfällungen im geschützten Rosensteinpark

  1. dibu sagt:

    wie wär´s denn mal zur Abwechslung mit einem GENERALSTREIK?! haben wir noch nie gemacht, könnte aber gerade deshalb die Hammermaßnahme sein, diesen Irrsinn S21 endlich zu beenden. Daran könnten auch Merkel & Co. nicht mehr dran vorbeiregieren.
    dibu

  2. b. lichtenstein sagt:

    Danke + Zuspruch fuer Volker Loesch’s
    neueste, fulminante Rede. Leider wird seine Moral niemanden in der politischen Fuehrungselite zu ertuechtigen, bei $21 die Notbremse zu ziehen. Anal fixiert und ins neoliberale Machgefuege eingebunden wie sie alle sind – Schaeuble/Ramsauer/Grube usw. -, wird man in Stuttgart noch einiges mehr an mutwilliger Zerstoerung hinzunehmen haben,
    bis $ 21 irgendwann versandet, da seien die Schuster-Sponsoren, die Herrenknechts und Schmiedels vor…
    Auch ist das Lavieren von Herr Kretschmann natuerlich keineswegs charakterlos – er gelangte in sein Amt, weil er – Schuetzen-vereinskoenig und Papst-Verehrer – als deutlich besser befaehigt sich erwies, die Buerger mit Dummgeschwaetz & Unwahrheiten bei Laune zu halten, als es sein allzu tolpatschiger Vorgaenger es vermochte.
    Und Frau Merkel spielt lediglich die Rolle einer souveraenen Chefsekretaerin von Finanzkapitalisten – nicht die einer klugen, umsichtigen und couragierten Lenkerin. Das Reiten toter Tiere gehoert zu den geringsten Suenden, die man dieser Pionierin von Ackermann’s Gnaden anlasten kann.
    Einerlei: ich freue mich auf die naechste Schimpfkanonade von Volker Loesch.
    Oben geblieben!
    B. Lichtenstein – 70565 Stuttgart

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