Ja, es gibt sie noch! Wer sie sehen will, hören, mit ihnen diskutieren und protestieren – der kann an einem x-beliebigen Dienstagmorgen gegen 7:00 Uhr zur Baugrube am ehemaligen Nordflügel des Hauptbahnhofs kommen. Dort stehen sie, die Unentwegten, die Unermüdlichen, die Bewegten, die Protestierenden gegen S21. Bei größeren Aktionen sind es mehr als 100, an „normalen“ Dienstagen etwa 30 bis 40 Gegner des Groß- bzw. größenwahnsinnigen Projekts S21. Auch am vergangenen Dienstag, 15. Januar, waren sie dort, diskutierten und zeigen ihre Standfestigkeit, ihren Unmut, ihren Zorn. Themen gibt es immer, die neu diskutiert werden, die Bahn liefert reichlich. In diesen Zeiten, wo die Enthüllungen von Dreistigkeiten und bewussten Falschinformationen schon fast zur Normalität gehören, wo all das bestätigt wird, was S21-Gegner seit Jahren angeprangert haben, da wird das Demonstrationsrecht zur Demonstrationspflicht. „Gerade jetzt nicht schlafen, nicht einlullen lassen, nicht glauben, das Projekt erledige sich von selbst,“ sagte eine der Demonstrantinnen. „Sie arbeiten weiter, hier am Nordausgang und drüben am Südflügel, das ist unerträglich!“, empörte sich ein anderer. Die beiden Banner vor dem Bautor zeigten die Intention der K21-Befürworter: Vertreter der SeniorInnen für K21 setzen sich „Für eine lebenswerte Stadt“ ein und der Aufruf „Baustopp selber machen – wir wi(e)dersetzen uns“ postuliert die weiterhin gültige Aussage, dass ohne Wenn und Aber ein Baustopp das Ziel aller Proteste ist. „Selbst wenn der Kostendeckel nicht geplatzt wäre, wären wir gegen S21. Es ist doch nicht nur dieser eine Grund, jetzt das Projekt zu stoppen, sondern es ist die Vielzahl der Gründe, die einen Stopp schlichtweg erzwingen“, ergab die morgendliche Diskussion. Im Moment will die Bahn die Kostenerhöhung schönreden, indem sie großzügig die Mehrkosten übernehmen will (Frage: mit wessen Geld?). Doch das ist nur ein Ablenkungsmanöver. Denn das Hauptargument gegen S21, das eigentliche „Knockout“ und der Grund für einen sofortigen Abbruch von S21 ist der Rückbau des Bahnknotens Stuttgart und damit verbunden ein Fiasko für den öffentlichen Nahverkehr. „Mit ungeheuren Risiken wird ein funktionierender Bahnhof bewusst zerstört, dagegen protestiere ich jeden Dienstag“, fasste es eine Demonstrantin zusammen. Werden die erhöhten Kosten, die technischen, juristischen und politischen Probleme dazu führen, dass einer der Projektbetreiber bald die Reißleine zieht? „Bis das geschieht, werden wir wiederkommen – jeden Dienstagmorgen,“ versprachen die Protestierenden und zogen mit ihren Bannern gegen 8:00 Uhr durch die Bahnhofshalle und zum ehemaligen Südflügel. Denn Mitte Januar vor genau einem Jahr hatte es heftige Proteste am Südflügel gegeben, hatten Demonstranten Tage und Nächte am Südflügel verbracht, dort das Café am Solarbahnhof betrieben, kulturelle Veranstaltungen organisiert und sich am Ende mit großen Blockaden der Polizei entgegengesetzt, bevor der Südflügel abgeriegelt und durch Abrissarbeiten geschändet wurde. An diesem heutigen Dienstag war nur wenig Polizei zu sehen. Dabei ist anzumerken, dass das Amt für öffentliche Ordnung in der vergangenen Woche gegen einige Demonstranten (Rentner in diesem Falle) ein „Aufenthaltsverbot mit Zwangsgeldandrohung“ verhängte. In Summe 13 (!) Paragraphen des Polizeigesetzes, der Verwaltungs- Gerichtsordnung und des Landesverwaltungs-Vollstreckungsgesetzes wurden bemüht, den Angeschriebenen die Verfügung und Begründung zu vermitteln. Im Falle, dass das dreimonatige Aufenthaltsverbot für den Kurt-Georg-Kiesinger-Platz nicht eingehalten wird, „… wird Ihnen ein Zwangsgeld von 250 Euro angedroht“. Aus der durchaus lesenswerten Begründung seien hier nur ein paar Sätze zitiert: „… Das Aufenthaltsverbot ist zur Sicherstellung des ungehinderten Fortgangs der Arbeiten für Stuttgart 21 geeignet. Dadurch wird sichergestellt, dass die Einfahrt von Personen freigehalten wird, die die Blockade der Baustelle beabsichtigen. … Der Umstand, dass Sie den … Aufforderungen durch die Polizei … nicht freiwillig Folge geleistet haben, zeigt, dass Sie nicht gewillt sind, sich an die „Spielregeln“ zu halten.“ Kopfschütteln und Unverständnis gab es für diese Maßnahme, zeigt sie doch, dass Proteste an S21-Baustellen als illegaler Störfaktor angesehen werden, Protestierer immer noch als Querulanten und Unverbesserliche. Die „Spielregeln“ des Ordnungsamtes scheinen Demonstrations- und Versammlungsrecht des Grundgesetzes zu toppen. Immerhin zeigt diese Maßnahme, dass Protestierer in Augen des Ordnungsamtes den Status von „Sand im Getriebe“ einnehmen, die durchaus in der Lage wären, den Baufortschritt zu verzögern. Denn es wird mit noch drastischeren Maßnahmen gedroht: „ … dass das Verwaltungsgericht … bei Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes die Zwangshaft anordnen kann. Außerdem müssen Sie damit rechnen, dass Sie bei Verstößen gegen das Aufenthaltsverbot in Gewahrsam genommen werden“. Anzumerken wäre, dass es sich bei der solcherart Eingeschüchterten um eine 81-jährige Kleinrentnerin handelt.
Mahnwache gegen S21
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70173 Stuttgart
Tel.: 0176-38 505 873
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Ernest, Mitglied der SeniorInnen für K21, hat auch so einen vorsorglichen Platzverweis für die nächsten 3 Monate bekommen. Bericht dazu und das Original-Schreiben findet sich im Blog der SeniorInnen: HIER
Empörend und ein Skandal, was für eine Abschreckungspolitik hier betrieben wird, bei der politisch engagierte BürgerInnen unter Androhung von Zwangsgeld in ihren grundlegenden Rechten (GG Artikel 8, Recht auf Versammlungsfreiheit) beschnitten werden sollen! Lasst euch nicht einschüchtern!
ist nicht der Werner Wölfle aktueller Ordnungsbürgermeister? Wird der jetzt vom Saulus zum Paulus? in diesem Fall aber im negativen Sinne!