Weitere Kostenexplosion bei Stuttgart 21 sprengt endgültig den Kostendeckel – VCD fordert Schadensbegrenzung und Einstellung des Projektes
Der ökologische Verkehrsclub Deutschland VCD sieht sich angesichts der jetzt bekannt gewordenen neuerlichen Kostenexplosion in seiner langjährigen Kritik am Projekt Stuttgart 21 bestätigt. Der VCD fordert alle Verantwortlichen auf, weiteren Schaden vom Volk abzuwenden, endlich die Reißleine zu ziehen und das Projekt endgültig zu beerdigen.
Der VCD weist darauf hin, dass schon im Jahre 2009 die Deutsche Bahn (DB) intern mit Kosten von mindesten 4,9 Milliarden Euro rechnete, obwohl offiziell ein Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro vereinbart war. Bis Ende 2009 hätten die Projektpartner bei Überschreiten des Kostendeckels das Projekt ‚qualifiziert abbrechen’ können.
„Doch stattdessen wurden durch wundersame Optimierungen angebliche Einsparungen von rund 800 Millionen Euro ermittelt“, erläutert VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb die damaligen DB-Berechnungen. „Heute zeigt sich, dass diese Luftnummer nur dazu gedient hatte, das Projekt vermeintlich unumkehrbar zu machen.”
Nachdem damals offensichtlich nicht nur der Aufsichtsrat der DB, sondern auch die Projektpartner und die Öffentlichkeit über die wahren Kosten gezielt getäuscht worden seien, werde die Deutsche Bahn nun von der Realität eingeholt und versuche sich mit der Forderung nach weiteren Steuerzuschüssen aus der Affäre zu ziehen, kritisiert der VCD.
Matthias Lieb: „Nachdem die bisherigen Baumaßnahmen kaum mehr als eine Aneinanderreihung von Pleiten, Pech und Pannen waren und die DB sich damit als Bauherrin für ein hochkomplexes Tunnelprojekt selbst disqualifiziert hat, ist es nunmehr an der Zeit, dass der Aufsichtsrat das gesamte Projekt Stuttgart 21 stoppt, bevor noch mehr Fahrgäste und auch die Bilanzen der DB AG weiteren Schaden nehmen.“
Der DB-Aufsichtsrat hätte bereits im Jahr 2001 beschlossen, die Entscheidung über die Umsetzung von Stuttgart 21 erst nach Vorliegen aller Planfeststellungsbeschlüsse zu treffen, so der VCD. Diese Vorgabe sei aber vom DB-Vorstand übergangen worden, indem im Dezember 2009 dem Aufsichtsrat der Eindruck vermittelt wurde, dass die Gesamtkosten des Projektes den Kostendeckel nicht übersteigen werden, erklärt der VCD mit Verweis auf DB-Dokumente.
„Tatsächlich haben die Unterlagen zum Projekt Stuttgart 21 aber bis heute nicht die nötige Planungstiefe erreicht, die eine verlässliche Projektdurchführung, geschweige denn eine seriöse Kostenkalkulation ermöglichten“, erklärt Matthias Lieb und verweist auf die derzeit laufenden Planänderungsverfahren zu allen zentralen Bauabschnitten. „All diese Verfahren beruhen nicht auf Einwänden der Projektkritiker, sondern auf durch die DB selbst oder Behörden festgestellten Mängeln der bisherigen Planungen“, so Lieb. So existierten zu zentralen Anforderungen wie dem Brandschutz bis heute keine genehmigungsfähigen Planungen, beklagt der VCD. Verwundert sei der VCD auch über die jetzt schon bekannt gewordenen Nachforderungen von Bauunternehmen, da doch die DB bei der Schlichtung erklärt habe, nur zum Festpreis zu vergeben. Dies alles zeige aus Sicht des VCD, dass das Projekt Stuttgart 21 mehr eine Ansammlung von politischen Wünschen als ein seriös durchkalkuliertes Bauprojekt mit funktionierendem Risikomanagement sei.
Vielmehr habe die Projektsteuerung der Deutschen Bahn aus VCD-Sicht kläglich versagt und die Komplexität von Stuttgart 21 vollkommen falsch eingeschätzt. Der VCD fordert deshalb den Aufsichtsrat der DB AG auf, den Vorstand von dem Phantomprojekt Stuttgart 21 zu erlösen.
Quelle: Verkehrsclub Deutschland Baden-Württemberg e.V., E-Mail: info@vcd-bw.de