Am 23. November um 6 Uhr morgens rückten 500 Polizisten gegen 500 Besetzer des als Mega-Flughafengelände vorgesehenen Terrains bei Nôtre-Dame-des-Landes in Frankreich an.
Am 30. Oktober hatte die erste Räumungsaktion stattgefunden. Sie richtete sich vor allem gegen den Widerstand, gegen die systemkritischen Jungbauern, die dort im Einklang mit den Nachbarn zum Schutz des Geländes Landwirtschaft betrieben, und walzte deren Unterkünfte platt. Am 18. November bauten die Flughafengegner dort wieder neue Holzhütten für die Bauern und einen Versammlungsraum für die Besetzer, im Schutz von 25.000 bis 40.000 Demonstranten. Dort und in den umliegenden Bauernhäusern hielten sich seitdem Hunderte von Menschen auf.
Die Regierung von Premierminister Ayrault, bisher Bürgermeister von Nantes, wurde ungeduldig. Als Ziel wurde nun ausgegeben: „den Aufbau einer Rückzugsbasis für gewaltsame Aktionen und Sabotageakte zu verhindern“. Das Gelände wurde von der Polizei erneut gestürmt, die Besetzer mit massivem Einsatz von Tränengasgeschossen (durch die zertrümmerten Glasfenster) aus dem Schlaf gerissen, mit Schlagstöcken zusammengetrieben und eingekesselt.
Natürlich gab es Gegenwehr, um den Kessel zu sprengen. Dieses große, teils sumpfige Gelände vollständig abzusperren ist nicht möglich, die Besetzer kennen es besser; so wurden zwar die Häuser wieder zerstört, aber die Räumung misslang. Zudem waren aus der ganzen Region Traktoren zur „Operation Schnecke“ gekommen. Auch die Unterstützung etlicher gewählter Würdenträger mit ihren blau-weiß-roten Schärpen auf der Seite der etwa 1.000 Demonstranten am Sonntagmorgen machte Eindruck.
Inzwischen gab es bis heute in ganz Frankreich 60 verschiedene Protestaktionen und Sympathiekundgebungen für die Besetzer. Der Widerstand ist seit Tagen in den Hauptnachrichten. So viel Konsequenz der bäuerlichen Gemeinden, der Umwelt- und Nahrungsschützer, das ist etwas Neues. Die Rechnung des Premierministers Ayrault ist nicht aufgegangen. Er will sich nach Mappusmanier mit dem Großprojekt schmücken und offenbar dem neuen Wasserschutzgesetz und der Transportinfrastruktur-Kommission zuvorkommen, die seine Pläne noch durchkreuzen könnten.
Seit gestern Abend bietet er eine Dialog-Kommission von drei „unabhängigen“ Wissenschaftlern an, die bei sechsmonatigem Aufschub „alle Standpunkte anhören“ sollen, und abschließender „Validierung“. Wir würden sagen, eine einseitige pseudo-demokratische „Schlichtung“ und Medienshow, um den Megaflughafen aufzupeppen und die Gegner abzuschmettern. Die Leute vom Widerstand fordern sofortigen Stopp der Zerstörung durch Schaufelbagger sowie der Baumfällungen. Die Älteren, die schon vor Jahrzehnten das Nato-Übungsgelände im Larzac verhindert haben, bezeichnen die „Validierung“ als trügerischen Vertrag.
Wir aus Stuttgart sagen den Flughafengegnern in Nôtre-Dame-des-Landes: Wir haben große Achtung vor Eurem Mut und Eurem konsequenten Vorgehen!
Auch in Stuttgart stehen wir auf Eurer Seite. Euer Protest und Widerstand gehört weit über die Ländergrenzen Frankreichs bekannt gemach;, es ermutigt uns, ebenfalls konsequent am Widerstand gegen „unser“ unnützes Tiefbahnhofsprojekt festzuhalten.
Nein zum Flughafen in Nôtre-Dame-des-Landes! Ja zur internationalen Verbindung unter den Gegnern unnützer und aufgezwungener Großprojekte! Oben bleiben! A sarà dura!
Mehr Infos: ACIPA auch auf Facebook, Zone A Défendre, lazad
Das zweite europäische Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte fand vom 7.-11. Juli 2012 in Nôtre-Dame-des-Landes statt. Das dritte Forum wird vom 25.-29. Juli 2013 in Stuttgart stattfinden.
Die Gemeinsamkeit zwischen dem französichen Flughafenprojekt und dem deutschen Pseudo-Tiefbahnhofprojekt ist, dass es viele Gegner hat. Dennoch würde mich vor allem interessieren, was bei dem Flughafenprojekt in Punkto Bürgerbeteiligung und Recht falsch gemacht wurde.
Die französische Einsatzpolizei ist wenig zivil. Sag wir es mal so. Eher so Typ Glatze im Schnitt.
Ich habe mir gerade mal die französischen sites dazu angesehen. Ich wünsche mir für alle, dass es keinen Toten unter den Demonstranten gibt, nicht einen. Das ist es nicht wert. Dafür zünde ich jetzt eine Kerze an.