Rede von Dr. Norbert Bongartz, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21, bei der 143. Montagsdemo am 8.10.2012
Von der Glaubwürdigkeit der Bahn und ihrer Helfershelfer
Liebe Mitdenkende, Mitleidende, Mitzornige, immer noch widerspenstige + ungezähmte Kritiker des von seinen Profiteuren so hoch gelobten angeblich großartigen Stuttgarter Bahnprojektes “S21”!
Die Arroganz der Bahn-AG paart sich in dem von ihr angeblich best-geplanten Groß-Projekt mit einem Dilettantismus, der auch für unvoreinge-nommene Beobachter kaum mehr erträglich ist. Das zeigt sich besonders auch dann, wenn die DB-AG so tut, als ginge es ihr um Bürgerbeteiligung.
Beispiel 1
Vor drei Wochen hat die Bahn ein neues Modell einer Informationskultur nach ihrem Gusto inszeniert. Anstatt die Menschen in einer offenen und öffentlichen Veranstaltung zu informieren und Kritiker zu Wort kommen zu lassen, präsen-tierte sie zwei Stunden lang Informationen zu S21, zum sogenannten Grund-wassermanagement (Grundwasser-Manipulation) und zur Baugrund-Problema-tik in einer Fernsehschau in Regio-TV. In seinen Nachrichten hatte der SWR kostenlos die Werbetrommel für diese Sendung gerührt. Die Botschaft der Sendung hieß: Probleme gebe es nicht bzw. sie werden alle bewältigt. (Das Sandmännchen läßt grüßen!)
Denn was wie eine seriöse Informationssendung daherkam, war nichts ande-res als eine von der Bahn bestellte Werbesendung, die aber nicht als solche ge-kennzeichnet war. Wie wir inzwischen erfahren haben, ließ sich die Bahn diese Sendung über 30.000 Euro kosten. Ein Schelm, der sich Böses dabei denkt!
Ob die Bahn mit diesem neuen Informations-Format, bei dem sie einer enst-haften Diskussion mit ihren Kritikern aus dem Wege gehen kann, positiv punkten konnte, darf bezweifelt werden.
Beispiel 2
Erst nach intensiven Nachfragen durch kritische Ingenieure wurde der Bahn bewusst, wie wackelig und unfallträchtig die Statik der Bahnsteig-Über-dachungen nach dem Abbruch beider Längsflügel sind. Alle bei einem Sturm in Kettenreakton bruchgefährdeten Glasscheiben wurden in den letzten Wochen entfernt und damit – mindestens zeitweise - der Regenschutz der Bahnkunden.
Wir müssen uns nicht wundern, wenn die Bahn auch die Kosten für diese „vorsorgliche“ Sicherungsmaßnahme demnächst dem Lenkungskreis präsentie-ren wird, als angeblich unvorhersehbare Kostensteigerung...
Beispiel 3
Nach dem zweiten Entgleisungs-Unglück im Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs pfeifen es die unabhängigen Fachleute wie die Spatzen von den Dächern, dass diese schweren Unfälle im Zusammenhang mit S21 stehen. Solche Schlußfolge-rungen darf der Sprecher der Bahn aber als „unverantwortlich“ geißeln ohne selbst dabei vor Scham rot zu werden.
Eisenhart von Loeper, mein Kollege in unserem Aktionsbündnis, hat deswe-gen Strafanzeige gegen die hierfür Verantwortlichen erstattet!
So stolpert die Bahn immer wieder von einem Murks in den nächsten und über ihre eigenen Füße und hält dennoch beharrlich an dem Projekt fest, das aus unserer Sicht längst unverantwortlich genannt werden darf. Doch was tut die Bahn und die Mitglieder im Lenkungsausschuß? Vor meinen Augen sitzen da lauter Einäugige zusammen, die sich gegenseitig die Ohren zuhalten. Sie verweigern beharrlich die Einsicht in die Unsinnigkeit und Monstrosität dieses Murks-Projekts.
Es ist ein sich dahinschleppendes Trauerspiel mit tragischen Zügen (Fern- und Nahverkehrs-Zügen): Wie lange können sich die Reiter auf dem unter ihnen zusammenbrechenden Gaul noch im Sattel halten? Wie lange müssen wir gegen die mit guten Argumenten noch nicht überwindbaren Mauern anstürmen, hinter denen sich auch viele Politiker verschanzt haben, die sich für intelligent und für gute Demokraten halten? Die dort hockenden Volksvertreter haben sich leider zu Volkszertretern entwickelt, die die Interessen der Bürger mit Füßen treten.
In diesem Trauerspiel sind wir alle Mitwirkende wider Willen, aber aus bewus-ster Entscheidung und der Überzeugung, dass dem wahnwitzigen Treiben endlich Einhalt geboten werden muß!
Die Rollen der Mit-Akteure in diesem Trauerspiel sind seit Jahren aufgeteilt in Gute und Böse. Sie erinnern sich: Herr Schmiedel hat die Rollenverteilung von Gut und Böse nach seinem „Gut-Dünkel“ festgelegt. Er und seine Fortschritts-Parolen-SPD will noch nicht wahr haben, dass die Rollenverteilung eher anders herum liegt.
Da das Drama und unsere öffentlichen Bühnen-Auftritte als Gegner aber noch längst nicht zu Ende sind, wird er und seine SPD (noch) damit rechnen müssen, dass sich das Blatt noch wendet. Das Wahlergebnis der SPD-OB-Kandidatin Wilhelm von gestern sollte ihnen zu denken geben! Denn wer am Ende die Rolle der gescheiterten Helden (Maul-Helden) gespielt hat, wird sich erst noch erweisen.
Auf eine Erleuchtung der Lenkungs-Kreisler dürfen wir nicht mehr bauen, eher werden ihnen die angerufenen Gerichte zur Erleuchtung verhelfen müssen.
Zum Schluß habe ich ein persönliches Anliegen: Ich tue mich schwer mit der lautstarken und vielstimmigen Feststellung: „Lügenpack“.
Unsere hochgestellten Gegner (die sich – für mich zu Unrecht – einer Elite zurechnen) lügen doch nicht ständig! Sie verkünden doch nur ihre Wahrheit oder sie lassen lügen bzw. beschränken sich nur aufs Leugnen oder Heucheln.
Ich schlage daher vor, dass wir unseren Wortschatz in Zukunft ein wenig erweitern durch die Feststellungen: „Heuchler“ oder „Leugner” oder “Leugner-Clique“. Ich bin mir sicher, derartige feine Differenzierungen könnten erheblich zu unserer Demo-Kultur beitragen. Die beiden Stuttgarter Zeitungen könnten dann über uns ausführlicher als bisher im Kulturteil, dem Feuilleton berichten...
Das Wichtigste aber ist und bleibt, dass wir gemeinsam unsere demokratischen Rechte auf Versammlungen und Protest wahrnehmen und in unserer Beharr-lichkeit nicht nachlassen, doch ohne verbissen zu werden.
Was mich immer wieder freut, wenn wir uns hier treffen: Bei aller unserem Zorn sind wir stets bereit, uns gegenseitig ein Lächeln zu schenken.
Auch wenn ich jetzt von der Bühne runter gehe: Ich will gern mit Ihnen allen: Oben bleiben!
Nein, mein lieber Norbert, keine Verbesserung oder Heraufstufung des Lügenpacks zu milderen „Leugnern“ und „Heuchlern“ wie hier vorgeschlagen!!
Die Parteigranden der SPD wie Schmid, Schmiedel, Drexler, Gall und Stickelberger dürften sehr genau wissen, welche Sponsorengelder der „Landes-SPD Förderer“ aus der Wirtschaft auf dem Spiel stehen und in welchem Zusammenhang diese mit dem Milliardenloch im Zentrum der Landeshauptstadt stehen. Und solange der SPD-Innenminister des Landes diese Liste im Gegensatz zu allen anderen Landes-IMs dieser Republik nicht veröffentlichen will, steht bei mir Herr Gall wie Herr Kohl im Ehrenwort, und wir dürfen und müssen annehmen, dass bewusst gelogen wurde und weiterhin bewusst gelogen wird.
Bleibt, dass „Lügenpack“ hier als eine strassenpöbelige Vorverurteilung zu werten wäre und man damit durchaus Schwierigkeiten haben kann. Wir rufen daher besser ganz rechtsstaatlich konform in Zukunft „mutmassliches Lügenpack“. Aber das Lügenpack muss wegen der geschilderten politischen Situation beibehalten werden.
Gesindel, wie Georg Schramm dieses mutmassliche Lügenbandenpack genannt hat, kennzeichnet die Situation nicht. Und Heuchler oder Leugner geht schon gleich gar nicht, solange wir nicht wissen, was auf der bei Gall unter Verschluss liegenden Sponsorenliste steht, deren Inhalt durchaus zur politischen Lüge Anreiz genug sein könnte.
Daher gehen die Begriffe wie Gesindel, Heuchler und Leugner an der gegebenen Situation gewaltig vorbei. Sorry, lieber Norbert!
Und schliesslich: die SPD kann der ganzen Lügenpack-Clique diesen ihr zugeschriebenen Makel sofort nehmen, indem sie besagte Sponsorenliste veröffentlicht und so zeigt, dass sie keinen wirtschaftlichen Grund zum Lügen im Zusammenhang mit diesem Projekt haben kann. Das erst wäre dann der Knackpunkt.
Dann, und erst dann würde Heuchler oder Leugner passen. Bis dahin mutmassliches Lügenpack oder kürzer LGPCK. Nichts für ungut. Cheers.