Durch Stuttgart 21 wird Landeshauptstadt Stuttgart abgehängt
Stuttgart, 1. Oktober 2012: Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit hieß es am Wochenende in den Fernzügen der Deutschen Bahn: „Reisende nach Stuttgart steigen bitte in Esslingen um.“ Ursache waren erneut die Umbauarbeiten für den Tunnelbahnhof Stuttgart 21, konkret die Weiche 227ab, die im Rahmen des Gleisvorfeldumbaus neu eingebaut wurde. S21-Kritiker hatten von vorneherein vor diesem halbherzigen Umbau mit viel Flickschusterei gewarnt – die zahlreichen zum Teil schweren Unfälle und Pannen der letzten Jahre im Stuttgarter Hauptbahnhof zeigen: Die Bahn hat den Umbau nicht im Griff und pflegt zudem einen extrem verantwortungslosen Umgang mit der Sicherheit der Reisenden.
„'Reisende nach Stuttgart steigen bitte in Esslingen um', das werden Bahnfahrer wohl noch oft zu hören bekommen, solange der S21-Tunnelwahnsinn nicht gestoppt ist“, sagt Dr. Carola Eckstein von den Parkschützern. „Die geringe Auslegung des Tunnelbahnhofs für nur 32 Züge in der Stunde zeigt, dass die Bahn keinerlei Interesse daran hat, Stuttgart als wichtigen Knotenbahnhof im Fernverkehr beizubehalten. Dank den Herren Schuster, Oettinger und Kretschmann bezahlen wir auch noch viel Geld dafür, dass die Landeshauptstadt nach und nach vom Fernverkehr abgehängt wird – das ist ein Unding! Angesichts von Leistungslüge und Katastrophenplanung ist es höchste Zeit, dass Verkehrsminister Hermann die Notbremse zieht und Stuttgart 21 stoppt – denn er kann es, wenn er es nur will.“
Wie in allen Hochgeschwindigkeitsnetzen hat auch die Deutsch Bahn Interesse, ihre ICEs nicht durch das Anfahren von Innenstädten ‚auszubremsen‘. So wurde der Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe weit außerhalb der Stadt gebaut, Kassel-Hauptbahnhof wird vom Fernverkehr nicht mehr angefahren.
Mit der vollständigen Überprüfung der Planfeststellungsunterlagen von 1997 zeigt Dr. Christoph Engelhardt von Wikireal nun: Die Bahn plante den Tunnelbahnhof von Anfang an für eine Kapazität von nur 32 Zügen in der Spitzenstunde, das sind 36% weniger Züge als der bestehende Kopfbahnhof leisten kann. Weitere Informationen zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Tunnelbahnhofs wird Dr. Christoph Engelhardt auf der heutigen 142. Montagsdemo auf dem Stuttgarter Marktplatz vorstellen. Diese geringe Auslegung von S21 zeigt, dass die Bahn AG die Landeshauptstadt Stuttgart in Zukunft nicht mehr als wichtigen Bahnknoten im Fernverkehr sieht. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat dem Kopfbahnhof hingegen eine Kapazität von 50 Zügen pro Stunden bescheinigt.
Auch die jüngste Zugentgleisung im für Stuttgart 21 extra umgebauten Gleisvorfeld zeigt, wie die Landeshauptstadt durch Stuttgart 21 aufs Abstellgleis gerät. Die Tatsache, dass die ersten Züge bald wieder fuhren, ist den großen Kapazitätsreserven des Kopfbahnhofs zu verdanken sowie der Tatsache, dass der Zug nicht in einem Tunnel entgleiste. Selbst 24 Stunde nach dem Unfall waren noch 5 von 15 Gleisen blockiert, trotzdem funktioniert der Bahnverkehr im Kopfbahnhof wieder. Im Tunnelbahnhof S21 wäre die Bergung des Zuges viel langwieriger, der Verkehr hätte solange komplett ruhen müssen
Stimmt, es ist höchste Zeit S21 zu stoppen, und Hermann könnte es – nicht wenn er nicht wöllte, sondern wenn ihn die SPD lassen würde. Stoppt Hermann S21 so beendet die SPD am selben Tag die Koalition; was das wiederum für S21 bedeuten würde, wissen wir alle. Der einzige Ausweg sind Wir.