Der Aktivist Thomas Puls (Gruppe „S21 ist überall" und Moderator bei „Park Funk“) hat die Aktionstage in Frankfurt begleitet und für die Sendung Park Funk im Freien Radio für Stuttgart seinen Augenzeugenbericht verfasst. In zwei Sondersendungen (Dienstag, 22. und Dienstag, 29. 5.) gab bzw. gibt es Berichte und Interviews mit Studiogästen zum Thema Blockupy Frankfurt (nächste Sendung 29.5. von 17 bis 18 Uhr). Hier seine Zusammenfassung der ereignisreichen Tage:
"Am Mittwochabend, 18.05.2012, haben die Veranstaltungen zu Blockupy Frankfurt begonnen. Nachdem am Mittwochmittag das Occupy-Camp vor der Europäischen Zentralbank (EZB) von der Polizei geräumt worden war, starteten die ersten Veranstaltungen zu Blockupy Frankfurt in der Uni und mit einer spontanen Solidaritätsdemo anlässlich der Räumung des Camps.
Für den Donnerstag waren schon Tage zuvor alle Veranstaltungen und Versammlungen auf den Plätzen Frankfurts durch Gerichtsinstanzen untersagt mit herbeigezogenen Begründungen hinterlegt worden, zudem erweckte die Stadt Frankfurt ein riesiges Horrorszenario und initiierte eine unglaubliche und noch nie vorgekommene Angstkampagne. Es wurde auch eine Versammlung auf dem geschichtsträchtigen Paulsplatz (siehe Wikipedia: Frankfurter Nationalversammlung) angemeldet und von der Stadt Frankfurt untersagt. Trotzdem gelang es am Donnerstag Aktivisten auf mehreren Plätzen Spontanversammlungen einzuberufen und es versammelten sich Frankfurter und zugereiste Bürger. Auf dem Paulsplatz wurde ein Banner entrollt, wurden ab 12 Uhr Grundgesetzbücher verteilt und öffentliche Diskussionen abgehalten. Hier wie auch an anderen Plätzen Frankfurts zeigte die Polizei massive Präsenz und konnte die Besetzung doch nicht verhindern. Ab den Mittagsstunden ging die Polizei zu Einkesselungen über und an vier Punkten im Stadtgebiet kam es zu Polizeikesseln, u.a. auf dem Paulsplatz und Römer. Für Liedermacher Konstantin Wecker wurde zudem ein Auftrittsverbot für den Paulsplatz verhängt. Er kam trotzdem und war mit im Kessel unter den ca. 300 Aktivisten.
Es wurde durch die Polizei auch versucht, die Anreise in Bussen weiträumig um Frankfurt herum zu verhindern und zahlreiche Busse wurden angehalten. Zudem wurden viele Personen am Bahnhof festgehalten, ihre Personalien aufgenommen und sie bekamen Platzverbot für die Innenstadt bis Samstagnacht. Die Aktivisten blieben alle friedlich, nur die Polizei wandte bei der Räumung des Paulsplatzes und des Römers völlig überzogene, nicht gerechtfertigte und zum Teil sehr massive körperliche Gewalt an.
Am Freitagmorgen versammelten sich bis zu tausend Personen in kleinen Einzelgruppen auf dem Bahnhofsvorplatz. Sie verbanden sich ganz schnell zu einer Gruppe und starteten ihre Aktionen zu Blockaden. Sehr erfolgreich hielt diese Gruppe die Polizei in Atem. Sie konnte sich in einzelne Kleingruppen wieder aufteilen und sich im Stadtgebiet zwischen Messe, Uni und EZB verteilen und so Sitzblockaden durchführen. Ein riesiges Polizeiaufgebot von bis zu 5000 Beamten war den Blockaden, Flashmobs und dezentralen Aktionen kaum gewappnet und legte ihrerseits durch weiträumige Absperrungen in der Innenstadt den Verkehr in und um Frankfurt lahm. Es war unter den Aktivisten - trotz Kesselungen, Platzverweisen und Ingewahrsamnahmen eine prächtige, ausgelassene und nie angespannte Stimmung.
Die Bevölkerung der Stadt konnte die massiven Einschränkungen ihrer Freiheit durch die Polizei und das riesige Aufgebot an Einsatzkräften nicht nachvollziehen und zeigte sehr viel Sympathie und Zustimmung für die Aktionen der Bank- und Finanzgegner und große Solidarität. Der Hof des DGB-Hauses diente als Rückzugsort und man konnte sich hier verpflegen. Zudem gab es an der Uni wieder zahlreiche Veranstaltungen, Vorträge und Workshops zu den Themen der Finanzkrise, zu Ausbeutung und Globalisierung.
Am Samstag kam es dann zur einzigen genehmigten und mit sehr vielen Auflagen versehenen Großdemonstration mit über 25 000 Teilnehmer/innen. Die Demonstration verlief völlig reibungslos und man trotzte den ständigen Provokationen seitens der Polizei, die ganz bewusst sehr viel Unruhe (vor allem in den “schwarzen Block”) von außen hineintragen und eine Eskalation auslösen wollte.
Dem Protestzug schlossen sich viele Gruppen an, u.a. aus Italien und Spanien, auch eine große Gruppe von Stuttgart 21-Gegnern, die mit vier Reisebussen, Zügen und privat angereist waren, lief hier mit einem Großbanner, mit Fahnen und Symbolen des Stuttgarter Widerstands mit und wies auf das korrupte Bauprojekt hin.
Das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 reiht sich ein in die Skandale, Machenschaften und mafiösen Strukturen, gegen die in Frankfurt auf die Straße gegangen wurde. Es sind die selben politischen Strukturen und Entscheidungsträger, Banken, Spekulanten und Konzerne, die bei der Finanzkrise und Stuttgart 21 völlig hemmungslos die Bevölkerungen mit ihren Interessen hintergehen und nur zum eigenen Profit, Vorteil und Gewinn auf Kosten von Natur, Umwelt und des Menschen agieren. Sie ordnen die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung ihren eigenen Kapital- und Besitzinteressen unter und wollen sie dafür auch noch zahlen lassen.
Durch unnütze Großprojekte, Finanzspekulationen, den Fiskalpakt und Acta wollen sie die mündigen Bürger zu reinen Melkkühen abstempeln und die Interessen der Bevölkerung unterdrücken.
Blockupy Frankfurt war ein sichtbares und eindrucksvolles Zeichen dafür, dass die Bevölkerung aufsteht, ihre Zukunft wieder selber in die Verantwortung nimmt und sich von den Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft nicht länger an der Nase herumführen lässt. Blockupy Frankfurt hat zudem gezeigt, dass man sich nicht durch Verbotsorgien einschüchtern lässt, sich nicht in die Reihe von Chaoten verbannen lässt und sich die demokratischen Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung nicht entziehen lässt.
Blockupy Frankfurt war der Anfang. Wir Stuttgarter/innen wurden sehr freundlich in Frankfurt aufgenommen und haben viele Sympathien geerntet und dabei auch deutlich gezeigt, dass der Widerstand gegen S21 nicht am Boden ist."