Zu einer Himmelfahrts- bzw. Vatertagswanderung mit dem Thema "Wir vergessen die Bäume nicht!" hatte die Feuerbacher K21-Initiative eingeladen und so ging es am vergangenen Donnerstag um 11.00 Uhr an der Haltestelle Sportpark Feuerbach mit 17 TeilnehmerInnen aus ganz Stuttgart los. Nachdem anfangs die Bäume des ehemaligen Mittleren Schlossgartes das Hauptgesprächsthema waren, kam es dann zu der Frage, wie die Stadt Stuttgart mit ihrer Historie umgeht. Und da bietet Feuerbach ein weiteres Beispiel für Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit und bewusste Negierung. Als vom Wanderweg aus der Blick in die Ferne zur Gemarkung Feuerbacher Heide ging, berichtete eine Teilnehmerin: "Dort drüben, ein Stück unterhalb des Bismarckturms, sind die Reste des Bergfrieds der ehemaligen Burg Frauenberg zu sehen. Da stand im Mittelalter die Burg der Frauenberger und Stammheimer. Die Burg war ab dem 15. Jahrhundert dem Verfall überlassen worden, man holte von dort Steine zum Bau der Stuttgarter Stadtmauer. Unter Erdreich, Bäumen und Büschen waren die Überreste der Anlage auf dem Bergsporn jedoch stets erhalten." Und dann wurde der vormalige Stadtarchivar Dr. Jürgen Hagel aus einem Zeitungsartikel zitiert: "Obwohl sich das Amt für Denkmalpflege 1971 gegen eine Bebauung des Hügels ausgesprochen hatte, wurde dort geplant. Bei den Straßenbauarbeiten stieß man dann auf spärliche Reste des Palas - Wohnhauses - mit Keller und auf Teile eines Brunnens. Im März 1972 fand man beim Ausschachten auch den Rest des Bergfrieds. Aufmerksame Bürger konnten die Sprengung gerade noch verhindern und erreichen, dass die Reste gesichert wurden. Die Stadt erwarb die Fläche durch einen Grundstückstausch und ließ die Anlage restaurieren."
Was hier als "Anlage" bezeichnet wird, ist jedoch nur die Grundmauer des Bergfrieds. Alle anderen Gebäudereste der Burganlage sind seitdem durch Wohnhäuser überbaut. Auch hier - vor 40 Jahren - hätte die Stadt Stuttgart die Chance gehabt, ein altes Bauwerk der Nachwelt zu halten. Eine Burganlage im Stadtbereich - das wäre doch eine Attraktion. Perdu - verloren!
Bald erreichten die K21´er das Steinsträßle, eine ehemalige Römerstraße, die vor 1800 Jahren auf das Römerkastell Cannstatt zugelaufen war. An eben dieser Römerstraße liegen nun die "Baumleichen" aus dem Schlossgarten. Mit gemischten Gefühlen setzten sich die K21-Wanderer auf die ehrwürdigen Stämme, wohl ahnend, dass ein Picknick auf den Baumstämmen einen makaberen Eindruck macht. Und doch - hier sprechen die Psychologen - ist es nur verständlich und psychologisch nachvollziehbar, dass angesichts des immer noch schmerzhaft wahrgenommenen Verlustes der Bäume der enge Kontakt zu eben diesen gesucht wird. Ihre Einbeziehung in das Picknick wird die Energien für den weiteren Widerstand mobilisiert haben. Im buddhistischen Sinne wurden die Bäume damit intensiv geehrt, das Picknick war ein gemeinsames Mahl in Erinnerung an das Vergangene. Ahnenverehrung mittels "Baumbesetzung am Vatertag".
Wieder - wie schon bei vorherigen Baumbesuchen - wurde jeder einzelne Stamm begutachtet, mit nachdenklichen Worten bedacht, wurde Sinn und Unsinn von Verpflanzungen diskutiert, wurde die Absurdität von Kunst-Projekten mit den gefällten Bäumen diskutiert ("Welcher Künstler will sich denn die Hände beschmutzen?") und es wurde der Bogen zu Waldrodungen in Brasilien geschlagen.
Das i-Pünktchen setzten dann zwei Passanten, die im Rahmen von Geocaching an einer Suchaktion teilnahmen und deren Koordinaten beim "S21-Baumfriedhof" vorgegeben waren. So haben die toten Bäume im Feuerbacher Wald also schon Eingang in diesen Outdoor-Sport gefunden.
Laut Wiktionary ist der Sonntagsspaziergang das Gegenteil von Himmelfahrskommando. Ja, ein Himmelfahrtsunternehmen ist S21 wahrlich - darüber waren sich die K21-Wanderer einig - , ein Vorhaben mit unwahrscheinlichem Ausgang.