Unsere neue regelmäßige Info-Reihe bei der Montagsdemo heißt "Wussten Sie schon ...?", hier der Text von der 115. Montagsdemo am 12.3., vorgetragen von Wolfgang Kuebart, Ingenieure22 für den Kopfbahnhof.
Wussten Sie schon, dass die Bahn Deutschlands größter Stromverbraucher ist? Jährlich verbraucht die Bahn etwa 16 Terawattstunden, eine 16 mit Zwölf Nullen. Ein Viertel des Bahnstroms ist Atomstrom, er kommt aus Neckarwestheim und anderen AKWs, fast die Hälfte kommt aus Kohlekraftwerken. (Neckarwestheim erzeugt insgesamt 12,5 TWh in einem Jahr, als Anhaltspunkt.)
Sie sehen: Ob die von Angela Merkel verkündete Energiewende gelingt, hängt auch wesentlich von der bundeseigenen Bahn ab.
Aber warum erzähle ich Ihnen das, bei uns geht es schließlich um Stuttgart 21?
Nun, ob ein Zug viel oder wenig Strom braucht, um von A nach B zu kommen, hängt davon ab, wie die Gleise liegen, auf denen er fährt. Stuttgart 21 und die Neubaustrecke werden den Stromverbrauch enorm in die Höhe treiben – mit fraglichem Mehrwert für die Reisenden. Ein Grund dafür ist der Luftwiderstand:
Der ist nämlich im schnellen Fernverkehr für den größten Anteil am Stromverbrauch verantwortlich. In einem Tunnel ist er noch deutlich höher als auf freier Strecke, schließlich kann die Luft dort nicht so einfach ausweichen. Im Vergleich zur freien Strecke ist in einem Tunnel je nach Querschnitt zwei- bis viermal so viel Energie nötig: je schneller gefahren wird und je enger die Tunnel sind, desto mehr. Ganz nebenbei: Bei der Verhandlung der Planänderung zum Fildertunnel (PFA 1.2) Ende Januar 2012 wollte sich die Bahn nicht einmal auf den Tunnelquerschnitt festlegen, obwohl die Tunnelbohrmaschine schon bestellt ist. Breitere Tunnel sind in jeder Hinsicht besser aber teuerer.
Im weit über 1.000 Kilometer langen französischen Hochgeschwindigkeitsnetz gibt es nur 43,5 km Tunnel - das spart Strom und es erspart den Reisenden unangenehme Druckänderungen. Die deutsche Bahn plant allein auf der 84 km langen Strecke Stuttgart-Ulm mehr als 12 Tunnels mit einer Gesamtlänge von über 40 km. Wenn man dabei wenigstens etwas sparen würde!
Trotz der Tunnels müssen bei der Neubaustrecke die Züge gut 250 Höhenmeter mehr überwinden als auf der alten Strecke nach Ulm, was zu einem weiteren deutlichen Energiemehrverbrauch führt, ganz anders als zum Beispiel beim Schweizer Gotthard-Basis-Tunnel.
Die Bahn behauptet, die Energie könnte beim Bremsen wieder zurückgewonnen werden. Das stimmt leider nur zum Teil. Wo schnell gefahren wird, muss auch scharf gebremst werden, das übersteigt die Leistung der Motorbremse, so dass man doch die meiste Brems-Energie verheizt, anstatt sie zurückzugewinnen.
Nur ein Detail zum Stuttgarter Hauptbahnhof: Der geplante Tunnelbahnhof soll am tiefsten Punkt 17 m tiefer liegen als der gegenwärtige Kopfbahnhof. Alleine diese 17 m Höhendifferenz erzeugen einen zusätzlichen Stromverbrauch, der dem Bedarf von 1.200 Haushalten entspricht.
Bahnchef Grube gehörte übrigens zu den Erstunterzeichnern der Laufzeit-Verlängerung für Atomkraftwerke.