Der Widerstand macht einfach weiter!

Gedanken zum Wochenende von Petra Brixel

Wenn die sogenannte unabhängige „Stuttgarter Zeitung“ am heutigen Samstag auf Seite 21 (!) die freudige Nachricht verbreitet „Der Schlossgarten wird wieder freigegeben“, dann wird vielen Stuttgartern ein Stein vom Herzen fallen, da sie nun den freien Blick haben auf einen aufgeräumten, ehemaligen Mittleren Schlossgarten. So ganz ohne Zeltdorf! Den Kollateralschaden, die gefällten Bäume, nimmt man dafür gern in Kauf. „Du bist zynisch ...“, sagen meine Freunde. „… geworden“, beende ich den Satz. Menschenverachtung ist das Merkmal dieser Stadt, die spätestens am 15. Februar 2012  ihre Unschuld verloren hat.

Auch wenn Politiker und harmoniesüchtige Bürger meinen, dass jetzt endlich wieder Frieden in der Stadt einkehren müsse, dass man nicht weiterhin übertreiben solle wegen  zwei läppischen Bahnhofsflügeln und ein paar überalterten Bäumen, dann kann nur gesagt werden: Dieses Geschwür Bahnhofs-und Parkzerstörung wird die Stadt nie mehr los!
Der frohlockende Ruf „Der Schlossgarten wird wieder freigegeben“ impliziert also, man könne kreuz und quer im Schlossgarten umhergehen? Was für ein Schlossgarten denn? Diese Brache, dieser Friedhof, diese entweihte, geschändete Erde wird Schlossgarten genannt? Schämt Euch, die Ihr so etwas schreibt! Der Inhalt des Artikels ist übrigens so unerträglich, dass dafür die Worte fehlen. Er zeigt die Arroganz der Macht und die Falschheit aller Protagonisten von S21.
Wenn am Freitag vor einer Woche die Nord-Rundschau schreibt „Vom Widerstand ist nur ein rotes Herz übrig geblieben“ und dann einen Artikel bringt über die toten Bäume, die oberhalb von Feuerbach im Wald abgelegt wurden (auf einem befindet sich ein rotes Häkelherz, das zuvor im Park im Wind flatterte), dann mag auch dieser Artikel der Wunschvorstellung entsprechen, der Widerstand gegen S21 sei so tot wie die Bäume. Aber da kann man nur sagen: Nichts verstanden, nichts begriffen!
Natürlich ist die Trauer über den Verlust des Mittleren Schlossgartens noch groß, ist der Schmerz über die brutale Parkrodung und die Fällung der Bäume an der Heilbronner Straße, das Entsetzen über das Nicht-Handeln von Gerichten und Grünen Politikern noch allerorten präsent. Doch aufgepasst: Der Widerstand als solcher ist nicht tot! Die größte Überraschung für Politiker, Polizei und S21-Berfürworter ist doch: „Die machen immer noch weiter, die sind immer noch dagegen!“ Genau! Der Widerstand ist sehr agil, strukturiert sich, ist wieder bzw. weiterhin stark, kreativ, auf der Straße. Sichtbar! In der übrigen Republik schauen sie auf uns. Das haben wir bei aller Arbeit, die wir in den letzten Monaten zu erledigen hatten, nicht so wahr genommen. Es hat nichts genutzt: Trotz einer gemeinsamen Front von Polizei (Ziel: Kriminalisierung),  Politikern (Ziel: Demokratiegehorsam), Medien (Ziel: lächerlich machen), Gerichten (Ziel: Wir sind nicht zuständig)  und S21-Befürwortern (Ziel: Beleidigungen) ist es dem Widerstand gelungen, eine Größe zu zeigen, die in der übrigen Republik Bewunderung und Achtung auslöst. Das sollte uns Stärke geben.
Und die nächste Überraschung: „Die sind immer noch friedlich!“  Da kann man natürlich ein um fünf Meter überschrittenes rot-weißes Flatterband als Baustellenstürmung  hochstilisieren (weil man sonst keine Katastrophenmeldungen hat), aber letzten Endes sind es diese fehlenden Skandalmeldungen, die zu einer Wahrnehnungsstörung führen. „Überlegen Sie mal, wie Sie die Sicherheit dieses Landes gefährden“, ermahnte mich kürzlich ein Polizist. Ich fragte nur: „Welches Land: Deutschland oder Baden-Württemberg?“ Es mag die Wahrnehmung eines einzelnen Polizisten gewesen sein, doch glaube ich, dass er aussprach, was eben wie ein Damoklesschwert über der gesamten Republik liegt und was Kanzlerin Angela Merkel vor Jahr und Tag sorgenvoll aussprach: „Wenn wir S21 nicht bauen, können wir in Zukunft gar keine Großprojekte mehr durchbringen.“ Ja, wahrlich, das ist die Gefahr! Sehr gut erkannt.
Dass sich der Verfassungsschutz für den Stuttgarter Widerstand interessiert, passt da genau ins Bild und sollte nicht überraschen bei aller Empörung. Angenehm ist es für den Einzelnen nicht, aber da wir ja nichts zu verbergen haben, nicht einmal unsere guten Argumente, die schon tausendfach gedruckt sind, werden wir auch da Ruhe bewahren.
Und wir werden ganz konsequent unsere Wege weitergehen. Jeder auf seine Art. Der Widerstand hat für jeden eine Möglichkeit, sich zu artikulieren, sich zu positionieren, eine Gruppe zu finden, die Möglichkeiten des Widerstands bzw. der kritischen Begleitung des Projekts bietet. Das geht von Gesprächen und Flyer verteilen über Demos bis zu Blockaden im Rahmen des Zivilen Ungehorsams. Jede friedliche Form des Widerstands wird weiterhin ausgeübt werden. Der Widerstand ist unberechenbar, schnell, pfiffig, unhierarchisch und gut vernetzt. Und dieses Netzwerk wird man nicht zerstören können.
Der Widerstand analysiert sich und das Projekt S21, aber auch K21, forscht, schreibt, diskutiert, meldet sich zu Wort und redet auch mal, wenn das Wort nicht erteilt ist. So etwas ist dann kritische Begleitung. Einige von uns sind noch dabei, die Vorkommnisse am 14. und 15. Februar aufzuarbeiten (siehe Artikel von Robert Schmitz „Die Nacht im Stuttgarter Schlossgarten"), andere sind schon dabei, aus der Analyse des 15. Februars Wege für die Zukunft des Widerstands aufzuzeigen (siehe Artikel von Ursel Beck „Jetzt erst recht“.) Allen ist gemeinsam, dass sie trotz Trauer, Wut, Schmerz, Frustration und gelegentlicher Angst vor noch mehr Zumutungen keinerlei Resignation verspüren. „Wir machen weiter“, ist die einhellige Meinung. Und der Ruf nach einem Großen Ratschlag bestätigt das. Dank an alle, die sich schon wieder in langen Sitzungen mit Strukturierungen, Strategien, Analysen und Diskussionen beschäftigen! Ihr seid einfach klasse!

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