Ich wurde von den Organisatoren der Großdemo gegen Fluglärm und Flughafenausbau in Frankfurt/Main gebeten, eine kurze Rede als Grußbotschaft aus Stuttgart zu halten. Hier der Text. FlügelTV ist auch dort und dokumentiert (nicht live) diese Demo.
Wir sind hier, wir sind laut – und das ist gut so, denn sobald wir nicht mehr zu hören sind, haben unsere Politiker uns und unsere Bedürfnisse vergessen. Solange die Politik uns Bürger nur als Störfaktor wahrnimmt, müssen wir stören, um unseren Anliegen Gehör zu verschaffen.
Uns muss klar sein, dass Politiker immer versuchen werden, Demokratie zu dem zu degradieren, was ihnen genehm ist, nämlich: ‚Das Volk gibt seine Stimme ab und bezahlt‘. Wir dürfen uns nicht erzählen lassen, in Zukunft, beim nächsten Großprojekt würde alles besser, das nächste mal würde man bestimmt dran denken, uns Bürger zu fragen.
Diese illusionslose, realistische Feststellung soll die vielen Erfolge bürgerlichen Engagements nicht in Abrede stellen, im Gegenteil. Auch wir in Stuttgart haben schon viel erreicht, haben erstaunliches erreicht – wer hätte zum Beispiel vor einem Jahr gedacht, dass BaWü einmal einen grünen Ministerpräsidenten haben könnte? Aber wir dürfen uns nun auf keinen Fall zurücklehnen! Wir dürfen uns mit dem Erreichten nicht zufrieden geben, denn sobald wir locker lassen, ist alles wie immer: Sobald wir uns umdrehen, sind die gut situierten Lobbyisten wieder wichtiger und geben den Ton an. Das dürfen wir nicht zulassen!
In Stuttgart hat Heiner Geißler, haben Bahn und Politik in der Schlichtung versprochen: Die Bäume im Schlossgarten dürfen nicht gefällt werden – jetzt versucht die Bahn alles, um so schnell wie möglich so viele Bäume wie möglich abzuholzen. Und unser grüner Ministerpräsident faselt nur noch von seiner ‚Projektförderpflicht‘. Sie sehen, so gut es sein mag, dass der Widerstand gegen Stuttgart 21 die Schlichtung, den sogenannten Faktencheck, durchgesetzt hat, jetzt müssen wir darauf bestehen, dass diese Veranstaltung auch Konsequenzen hat. Wenn wir nicht lautstark auf die Einhaltung der getroffenen Abmachungen bestehen, werden wir von Bahn und Politik um diesen Erfolg betrogen.
Wir dürfen also nicht aufhören, unsere Politiker in die Pflicht zu nehmen, mit klaren Forderungen und lautstarkem Nachdruck von der Straße. Wann immer sich die Politik den Partikularinteressen der Wirtschaft mehr verpflichtet sieht, als unserem Gemeinwesen, müssen wir das für eine breite Öffentlichkeit sichtbar und hörbar anprangern. Mit Demos und Aktionen können wir die Öffentlichkeit herstellen, die wir brauchen, um politischen Druck zu erzeugen. Je konkreter unsere Forderungen sind, desto weniger können Politiker sich mit Allgemeinplätzen davonstehlen. Wenn wir alle Kanäle nutzen, die spektakulären ebenso wie die unscheinbaren Briefe an die Verantwortlichen, dann können wir dafür sorgen, dass wir in politischen Entscheidungen nicht vergessen und übergangen werden. Wenn klar ist, dass wir nicht klein beigeben werden, lässt es auch einen Ministerpräsidenten nicht kalt, wenn Briefe täglich waschkörbeweise eintreffen und das E-mail-Postfach dauernd überquillt.
Wir müssen darauf bestehen, dass unsere Interessen vertreten werden, hier und jetzt, sonst sind alle ‚Zugeständnisse‘ nur leere Worte. Wir dürfen uns nicht vertrösten oder abwimmeln lassen. Wir müssen dran bleiben und es lohnt sich dranzubleiben – es geht um unsere Stadt und um unsere Lebensqualität.
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