Bericht vom Montagvormittag von Petra Brixel
Zur Großblockade am Tag nach der Volksabstimmung war schon eine Woche davor aufgerufen worden, denn nach Aussage von Bahnchef Grube würde ihn das Ergebnis der VA wenig interessieren, das Baurecht würde auch hier die Volksabstimmung toppen. Der Aktionskonsens der Parkschützer allerdings besagt, dass "... erst bei Einstellung des Bauvorhabens Stuttgart 21 die Blockade- und Behinderungsaktionen beendet werden". Da die Bauarbeiten aber in keiner politischen Phase bisher vollständig aufgegeben worden waren, konnte man vermuten, dass auch ein für den Widerstand günstigeres VA-Ergebnis die Arbeiten am Grundwassermanagement nicht unterbrechen würden.
Etwa 140 Protestierer versammelten sich am heutigen Montagmorgen ab 6 Uhr am Eingang zum GWM und nahmen ihre Versammlung als Kundgebung und Diskussionsplattform wahr. Am offenen Megafon sprachen Aktivisten über ihren klaren Willen zum weiteren Widerstand, da das Projekt undemokratisch, verfassungswidrig und durch Kostenmanipulation zustande gekommen sei.
"Es kann auch nicht durch eine Volksabstimmung legitimiert werden, und wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht", unterstrich der langjährige Friedensaktivist Wolfgang Sternstein. Unrecht sei die Missachtung des Demokratieprinzips; Unrecht sei, dass die Landesregierung sich weigert, die Frage der Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung prüfen zu lassen; Unrecht sei, dass die Kosten von S21 klein-, der Nutzen großgerechet und die Risiken verschwiegen werden.
Der Berliner Politikprofessor Peter Grottian solidarisierte sich mit den Widerständlern vor dem Bauzaun und richtete seine Botschaft an alle Bürger, die nach wie vor gegen das Projekt S21 seien, mit dem Appell, sich an vielen verschiedenen Formen des friedlichen, Zivilen Ungehorsams zu beteiligen. Es war ihm ein Anliegen, den empörten Bürgern Stuttgarts Mut zu machen, ihren Unwillen aktiv kundzutun.
Einhellige Meinung der Demonstranten vor dem Bauzaun war, dass weiterhin verhindert werden muss, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor Gerichte in den noch offenen Verfahren entscheiden. Auch aus diesem Grund halten die Protestierenden den Zivilen Ungehorsam für gerechtfertigt, ja sogar für geboten. Ziviler Ungehorsam ist für sie das letzte Mittel des Protests, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Wenn 47 % der Stuttgarter Wahlteilnehmer/-innen sich gegen die Landesfinanzierung ausgesprochen haben, so zeigt sich darin doch, dass hier noch ein großer Widerstand gegen das Projekt besteht. Diese Menschen sollen merken, dass sie nicht alleinstehen, dass es nach wie vor eine aktive Protestbewegung gibt.
"Unser Widerstand ist ungebrochen" - das waren die Aussagen der Redner/-innen, unter denen auch Vertreter der Senior(inn)en gegen S21 und des Bremer Schwabenstreichs waren. Während der Kundgebung erreichte die Demonstranten ein Anruf vom Castor-Blockadecamp aus dem Norden. Dort war gestern die Solidaritätserklärung ("Aussteigen aus Atomkraft und Stuttgart 21 - sofort") verschiedener Stuttgarter Widerstandsgruppen verlesen worden und nach der Bekanntgabe des VA-Ergebnisses war die Antwort aus dem Wendland: "Weitermachen!".
An diesem Morgen am GWM wurden sechs Autos der Firma Hölscher Wasserbau an der Einfahrt gehindert. Die Fahrer stiegen aus und betraten zu Fuß das Gelände, so dass es danach nicht sinnvoll war, leere Autos zu blockieren. So begaben sich die Demonstanten in einem langen Zug an die aktive Baustelle im Park. Hier werden parallel zur Platenenallee blaue Rohre verlegt. Zwei Baufahrzeuge sowie das Abladen eines Baggers wurden blockiert, was den Einsatz einer Polizeieinheit zur Folge hatte. Nachdem Polizeifahrzeuge und Mannschaften in den Park nachgerückt waren und die Blockierer dreimal zum Verlassen des Weges aufgefordert worden waren, gaben diese den Bagger zum Arbeiten frei. Inzwischen hatten sich vier Aktivisten auf den blauen Wasserrohren niedergelassen und folgten nicht der Aufforderung zum Verlassen der Baustelle, so dass sie von Polizisten zur Personalienfeststellung an die bereitgestellten Wagen mitgenommen wurden und einen Platzverweis bekamen.
Auf einen Demonstrationszug zum Landtag verzichteten die Demonstranten nach gemeinsamer Beratung. Um 11.30 Uhr löste sich die Versammlung der Empörten auf. Die beschwörende Formel - nachzulesen in den Medien dieses Tages - dass das Referendum eine befriedende Wirkung haben möge, stellt die Frage, ob hier Friede mit Resignation verwechselt bzw. gleichgesetzt wird. Sollte das der Fall sein, so kann man schon am "day after" feststellen, dass der Widerstand ungebrochen ist und sich nicht mit dem Basta-Aufruf, "... den Volksentscheid als Schlusspunkt zu respektieren", zufrieden gibt. Ein gegen die Natur und den Bürger gerichtetes Projekt wird auch durch eine Volksabstimmung nicht sinnvoll, war die Kernaussage dieser Auftaktblockade nach dem Abstimmungstag.
Weitere Blockaden sind am morgigen Dienstag ("Frühstück am Bauzaun") und Montag, 5. Dezember ("Frauenblockade") zu erwarten.
Liebe Freunde und Mitstreiter für den Erhalt des Stuttgarter Kopfbahnhofes!
Wir haben vorgestern eine herbe Niederlage einstecken müssen – zu wenige Menschen haben auf unserer Seite für den Ausstieg aus S-21 gestimmt. Dennoch haben die Befürworter damit das Ringen um den „Kellerbahnhof“ noch längst nicht gewonnen! Es ging gestern darum, ob das Land BW aus der Finanzierung für dieses Vorhaben aussteigen soll – zu wenige haben das mitgetragen. Und zu viele haben sich von den dümmlichen Sprüchen wie:
„1,5 Milliarden für nix?“,
„Ohne S-21 keine 12.000 Arbeitsplätze“ oder
„S-21 ist der Fortschritt“ bluffen lassen.
Der geballten Medien- und Geldmacht der S-21-Befürworter und ihrer Plakatflut im Lande hatten wir zu wenig entgegen zu setzen. Aber auch wenn diese mehr Stimmen erzielt haben als die, die den Ausstieg wollten, die Mehrheit der Bevölkerung von BW haben sie dennoch nicht hinter sich, sondern gerade mal ein Viertel – das Quorum von 33,3 %haben also auch die S-21-Befürworter bei weitem verfehlt!
Deshalb kein Grund, jetzt aufzugeben; es stehen noch viele weitere Hürden für die Bahn an, ob S-21 nun gebaut werden kann oder nicht. Da ist zum einen die Kosten-Obergrenze von 1.526 Mia. Euro, die unmittelbar vor der Überschreitung steht und das Vorhaben sehr wohl zum Kippen bringen kann und wird.
Da ist weiterhin die Klage gegen die verfassungswidrige Mitfinanzierung des Vorhabens durch die Stadt Stuttgart wie auch durch das Land BW.
Da ist weiterhin der Anspruch der NetzAG auf eine Weiternutzung der oberirdischen Gleisanlagen bis in den Kopfbahnhof.
Da sind nach wie vor die beiden Planabschnitte auf den Fildern noch nicht einmal zur Planfeststellung eingereicht worden; es besteht hier also noch keinerlei Baurecht für die Bahn.
Und für den Fildertunnel ist das neue Planfeststellungsverfahren noch längst nicht abgeschlossen. Vor Herbst nächsten Jahres kann folglich mit der Tunnelbohrerei auch nicht begonnen werden. Und für den Aushub der Baugruben muß zuerst die Erhöhung der Grundwasser-Entnahmemenge auf 6,8 Mio. m³ genehmigt werden.
Laufen wir darum jetzt nicht einfach auseinander, sondern laßt uns weitermachen, friedlich und mit allen legalen Mitteln, aber unbeirrt und bestimmt! Wir haben seit dem letzten Jahr eine wunderbare Bewegung des Widerstandes und ein beispielloses Netzwerk an vielfältigsten Beziehungen im ganzen Land aufgebaut und damit unglaublich viel erreicht – aller Übermacht der Befürworter zum Trotz! Das können und dürfen wir jetzt nicht einfach so wieder in sich zusammenfallen lassen.
Deshalb: bleiben wir weiterhin zusammen und machen wir weiter – es gibt noch viele Gelegenheiten, S-21 zu stoppen. Gemeinsam schaffen wir das.
Oben bleiben!
Das war längst überfällig – danke!
Ich kann mich Kopfbahnhofler nur anschließen.
Wenn wir realistisch waren, wäre die Hürde sehr schwer zu nehmen. Ich habe das Ergebnis schon Sonntag abgelegt und nach vorne geschaut.
Wir dürfen jetzt aber nicht die Mitstreiter vergessen, die an diesem Betrug innerlich zu scheitern drohen.
Wir müßen diese in unseren Reihen aufnehmen und aufbauen, damit sie wieder auf die Beine kommen.
Ich wünsche Euch weiterhin: Gottes Segen und Kraft.
Die DB hat immer klar gesagt (insbesondere Grube), daß sie nach dem 27.11. weiterbauen wird, egal wie die VA ausfällt. Somit hat sie auch klar gesagt, daß vorgestern gar nicht über S21 abgestimmt wurde – sondern ausschließlich über die Finanzierung. Wenn vorgestern aber gar nicht über S21 abgestimmt wurde – dann kann man auch weiterhin dagegen protestieren.
Was die Bahn kann, dass können wir auch: Egal wie die VA ausfällt/ausgefallen ist, demonstieren wir weiter – und das mit gutem Gewissen.
Hallo Ihr Freunde eines funktionierenden Kopfbahnhofs.
Diese Antwort des Kopfbahnhoflers war notwendig und richtig.Wir machen weiter und vielleicht
können wir dieses unsinnige S21 Projekt durch die Kosten verhindern.Allerdings müssen jetzt die
Grünen und die SPD Spitze die Forderung von weiteren Zahlungen blockieren.Daran müssen wir glauben.
Denn der Finanzierungsvertrag läßt keine weiteren Zahlungen , die 4,5 Milliarden übersteigen zu.
Oben bleiben bleibt unsere Devise!!!!!!