Verwaltungsgericht: Baustopp von GWM-Arbeiten

Beschluss der Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg:

Baustopp bei Arbeiten zur Zentralisierung der Wasseraufbereitungsanlagen für "Stuttgart 21"

Der VGH Mannheim hat entschieden, dass Arbeiten im Rahmen des "Projekts Stuttgart 21", die die Zentralisierung der Wasseraufbereitungsanlagen im Bereich östlich des bestehenden Bahnhofsgebäudes betreffen, vorerst nicht weitergeführt werden dürfen.

Die DB Netz AG ist Vorhabenträgerin für den durch Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 planfestgestellten Umbau des Bahnknotens Stuttgart ("Projekt Stuttgart 21") im Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof). Der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss enthält u.a. die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen zur Abreinigung des während der Baumaßnahmen entnommenen – und an anderer Stelle weitgehend wieder zur Infiltration in den Boden vorgesehenen –- Grundwassers. Der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss sah zunächst den Bau von drei einzelnen Infiltrationswasseraufbereitungsanlagen und einer Überschusswasseraufbereitungsanlage an insgesamt vier Standorten in der Nähe des bestehenden Hauptbahnhofsgebäudes vor. Im Zuge der Erstellung der Ausführungsunterlagen optimierte die Vorhabenträgerin ihre Planungen, u.a. zum Bau der Wasseraufbereitungsanlagen. Die geänderte Planung sieht nunmehr vor, die bislang vorgesehenen vier dezentralen Wasseraufbereitungsanlagen an einem zentralen Standort im Bereich des derzeitigen Omnibusbahnhofs östlich des Hauptbahnhofsgebäudes zu bündeln. Am 11.12.2009 beantragte die Vorhabenträgerin beim Eisenbahn-Bundesamt eine entsprechende Änderung des festgestellten Plans. Dieses führte ein vereinfachtes Planfeststellungsverfahren (ohne Anhörungsverfahren) durch und genehmigte die beantragte Änderung mit Bescheid vom 30.04.2010.

Am 22.07.2011 hat der BUND gegen den Planänderungsbescheid Anfechtungsklage erhoben (Az.: 5 S 2100/11) und unter Hinweis auf die ständig fortschreitenden Bauarbeiten zugleich um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Eisenbahnbundesamt und die beigeladene Vorhabenträgerin haben zwar nicht bestritten, dass der erhobenen Anfechtungsklage im Grundsatz aufschiebende Wirkung zukommt, d.h. Baumaßnahmen zur Umsetzung des zentralen Wasseraufbereitungssystems vorerst nicht weitergeführt werden dürfen. Sie sind aber der Meinung, dass hiervon nur die Erstellung des Technikgebäudes für die zentrale Wasseraufbereitung erfasst sei. Diese Arbeiten seien vor Klageerhebung bereits abgeschlossen gewesen. Die noch ausstehenden Rohrverlegungsarbeiten würden von der aufschiebenden Wirkung hingegen nicht erfasst.

Dem ist der VGH Mannheim nicht gefolgt und hat dem Feststellungsantrag des BUND stattgegeben, da die am 22.07.2011 erhobene Anfechtungsklage des BUND gegen die5. Planänderung aufschiebende Wirkung hat.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs regelt der angefochtene Bescheid zur 5. Planänderung den Ersatz der ursprünglich planfestgestellten Wasseraufbereitungsanlage durch eine zentralisierte Wasseraufbereitungsanlage. Dieser "Ersatz" beziehe sich auf den Bau der neuen Anlage und deren Betrieb in der neuen, geänderten Form. Hierzu gehörten notwendigerweise auch die Rohrleitungen, welche für den Betrieb der geänderten Anlage aus technischen Gründen erforderlich seien, sowie die entsprechend geänderten Infiltrationsbrunnen und Grundwassermessstellen. Für die Frage des Umfangs der aufschiebenden Wirkung der Klage komme es nicht entscheidend darauf an, dass es sich bei dem Wasseraufbereitungssystem insgesamt um eine "Baubehelfsmaßnahme" handele, welche nur vorübergehend – während der Bauphase – erforderlich sei. Denn die Frage des bauzeitlichen Grundwassermanagementsystems sei sowohl im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss als auch im Rahmen der 5. Planänderung als bewältigungsbedürftig angesehen worden. Auch der Umstand, dass der Standort der Wasseraufbereitungsanlagen und die genaue Leitungsführung vom Planfeststellungsbeschluss und der 5. Planänderungsentscheidung als "ausführungstechnische Details" betrachtet würden, führe nicht dazu, dass solche Arbeiten unabhängig von der aufschiebenden Wirkung der Klage durchgeführt werden dürften.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gericht/Institution: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Erscheinungsdatum: 06.10.2011
Entscheidungsdatum: 06.10.2011
Aktenzeichen: 5 S 2101/11

Quelle: http://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp&feed=juna&wt_mc=rss.juna&nid=jnachr-JUNA111003173

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26 Antworten zu Verwaltungsgericht: Baustopp von GWM-Arbeiten

  1. Hans Heiser sagt:

    Bitte um Einordnung für juristische Laien. Welche Arbeiten betrifft das genau?

    Danke

  2. Ann-Kathrin Stoltenhoff sagt:

    Mehr Geld für die Ausbildung unserer Kinder!

  3. Schorsch sagt:

    Was sagt man dazu? Toll?? TOLL!

  4. Alles muß gestoppt werden. Nachdem die Bahn bisher argumentierte nur der Gebäudekomplex wäre das Grundwassermanagement – und sowieso fertig , hat das Gericht jetzt auch folgendes mit einbezogen !

    „Hierzu gehörten notwendigerweise auch die Rohrleitungen, welche für den Betrieb der geänderten Anlage aus technischen Gründen erforderlich seien, sowie die entsprechend geänderten Infiltrationsbrunnen und Grundwassermessstellen.“

    Die dürfen also nicht weiterbauen um keine „unumkehrbaren“ Tatsachen zu schaffen.

  5. xaver sagt:

    STRIKE!

    Danke BUND!

  6. petra sagt:

    Und kaum kommt diese grossartige Botschaft und schon ist Twitter nicht erreichbar, weil überlastet 😉

  7. Schorsch sagt:

    Wir machen endlich eine fröhliche, große Party!!

  8. Phil sagt:

    Gratulation, wieder hat der Protest geholfen, Mehrkosten zu erzeugen! Da die Bauarbeiten gerade wieder ans Laufen gekommen sind, wird die Verzögerung nicht gerade billig werden. Wenn am Ende sogar eine Verschiebung der IBN rauskommt, geht es in die Millionen.
    Na, wenigstens haben die Obdachenlosen so für den Winter ihr Quartier im Park gesichert.

    S21 wird eh gebaut werden, der ganze Protest sorgt nur dafür, dass sich die Leute wegen diesem blöden Thema immer mehr zerstreiten und die Kosten sich noch weitere erhöhen werden. Von einer Projektverzögerung profitieren weder die Bahnfahrer noch die Stuttgarter Bürger.

    • Hans Hase sagt:

      Kritik am VGH zu üben, trauen Sie sich wohl nicht. Also wird gestänkert. Aber das ‚bestgeplante Bahnprojekt aller Zeiten‘ wird weder dadurch noch durch das Getrickse und Geschummel der Bahn auch nur einen Deut sinnvoller.

    • Schorsch sagt:

      Achgottchenachgottchen. Das muss uns die Demokratie schon wert sein, finde ich.
      Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die Basis unserer freien Gesellschaft. So.
      Mehr davon.

  9. Heidrun Ritter sagt:

    Es ist so wunderbar. Ich bin froh, dass ich am Dienstag am Feldherrenhügel war und die Ansprache von Fries
    gehört habe. Danke, BUND!

  10. Der Beschluss besagt, dass alle „Arbeiten, die die Zentralisierung der Wasseraufbereitungsanlagen im Bereich östlich des bestehenden Bahnhofsgebäudes betreffen … vorerst nicht weitergeführt werden“ dürfen. Nach dem Wortlaut darf damit auch der bisherige laufende Betrieb nicht fortgeführt werden. Das bedeutet ein absoluter Stopp.
    Bitte diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auch sofort an den Innenminister Gall weiterleiten, mit der Aufforderung, dass die Polizei die Pflicht hat, für die Einhaltung des Baustopps zu sorgen und sich zugleich öffentlich entschuldigt für seine beleidigenden Äußerungen all den tausenden Gegnern des Größenwahn-Irrsinns-Immobilienspekulationsprojekts Stuttgart 21 gegenüber, die er als „blöde Blockierer“ bezeichnet hat. Wann hört die Polizeispitze denn endlich auf, Größenwahnsinnige weiter zu unterstützen?

  11. katharine sagt:

    Brigitteeeeeeeee! Dankeeeeeeeeeee! Alle weitermachen!!!!!!!!

  12. Sandra sagt:

    Der Standort der Wasseraufbereitungsanlagen und die genaue Leitungsführung seien „ausführungstechnische Details“-genauso arrogant kann nur ein Staatsbetrieb sein, der nie zur Verantwortung gezogen wird

    Wir lassen uns irgendwas genehmigen, und machen dann aber wie wir das wollen….merkt eh keiner, hihi…. wir sind die große tolle Bahn AG und wir haben so viele dumme Steuerzahler

  13. Ursula Becker sagt:

    Juhuuuuuuu ! Endlich mal ein Richter der nicht systemgetreu Recht spricht !!!!! Danke !!!!
    Und jetzt Herr Grube, Herr Schmid und Konsorten ? Da bleibt Euch der Mund offen !?

  14. Nicole sagt:

    Klasse!
    Danke Bund

  15. Grit Bodhitaru sagt:

    Super, endlich mal wieder eine gute Nachricht. Wir werden heute abend im Park spielen und diese gute Nachricht feiern.

  16. Interessierter sagt:

    Hat der BUND denn auch entsprechende Rücklagen für den Fall gebildet, dass der Klage nicht stattgegeben wird und er als Kläger die Kosten des Baustopps tragen muss?
    Andernfalls wäre das ja schon ein Spiel mit dem Feuer bzw. dem Vermögen der Mitglieder.

  17. NahDran sagt:

    Mannheim ist anscheinend schon weit genug weg von Stuttgart und seiner Immobilienmafia (samt „angegliedertem“ Politfilz), um solche Urteile im Namen des Volkes noch zu ermöglichen.

  18. Ulrich Haldenwang sagt:

    Endlich ! Zum Urteil müssen noch folgende wichtige Daten nachgetragen werden . Urteil- Auszug ( bitte selbst weiterlesen ) “ Der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss „usw. usw…. Dazu Punkt 5 der sechs Problemfelder an denen S 2 1 scheitern wird . ( Ein aktueller Weiterbau ist unverantwortlich ) Nach einem vom Umweltministerium des Landes B – W in Auftrag gegebenen Gutachten reicht die genehmigte Menge des abzupumpenden Grundwassersin Höhe von 3 Millionen Kubikmeter gleich mal eintausend = 3 000 000 000 Milliarden liter Grundwasser ,nicht aus – um den Bau des Tiefbahnhofs zu ermöglichen . Für die voraussichtlich erforderliche doppelte Menge von 6 , 8 Mio. Kubikmetern ist ein neues Genehmigungsverfahren notwendig . Daher ist ein Baubeginn unverantwortlich . Somit eine weitere Rohrverlegung vom Gericht zu untersagen . Wir sind nun alle sehr gespannt , wie sich der Umweltminister und der Baubürgermeister der Stadt Stuttgart verhalten ! Die anderen fünf Problemfelder wurden am 13 . 6. 2011 vom Experten Karl- Dieter Bodack veröffentlicht .

  19. Interessierter sagt:

    „Wir lassen uns irgendwas genehmigen, und machen dann aber wie wir das wollen….merkt eh keiner, hihi….“

    Etwas genauer sollte man schon lesen. Die Änderungen hat das EBA schon genehmigt, ggf. aber fälschlicher Weise im vereinfachten Verfahren.

    Sollte dies zutreffen, wäre die Klage u.U. begründet.

    Andernfalls liefe der BUND ggf. Gefahr, nicht nur die Kosten des Verfahrens, sondern u.U. auch nachgewiese Kosten eines Baustopps erstatten zu müssen.

    Dies war ja seinerzeit der Grund, dass Herr Dübbers auf den vorläufigen Rechtsschutz verzichtete.

    • Schorsch sagt:

      Mit Betonung auf „nachgewiesen“. Nicht einfach „daherbehauptet“. Und die Einsparungen dagegenrechnen. Aber hier geht es ja um Politik. Dont worry.

  20. Rechtswahrer sagt:

    „Bitte um Einordnung für juristische Laien. Welche Arbeiten betrifft das genau?“

    Das betrifft sämtliche Arbeiten, welche infolge der 5. Änderung verändert wurden.
    Hölscher könnte jetzt also erst mal nur dort weiterarbeiten, wo die Rohre unverändert verlegt werden.

  21. Rechtswahrer sagt:

    „Na, wenigstens haben die Obdachenlosen so für den Winter ihr Quartier im Park gesichert.“

    Da wäre ich nicht so sicher. Hinsichtlich der Freiräumung des Baufeldes gibt es ja keine Änderungen, welche noch genehmigt werden müssten.

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