Ein Jahr nach dem Schwarzen Donnerstag

Einführung von Matthias von Herrmann bei der Pressekonferenz am 29. September 2011 im Mittleren Schlossgarten, direkt am Grundwassermanagement:

Die Staatsanwaltschaft und die Folgen für die Opfer

Stuttgart, 29. September 2011: Morgen, am 30. September, ist es ein Jahr her, dass etwa 3.000 Polizisten den gesamten Mittleren Schlossgarten abriegeln sollten. Sie sollten Vorbereitungen treffen für die Abholzung des gesamten Mittleren Schlossgartens, den Sie von hier aus sehen können, vom Biergarten bis zur Schillerstraße. Den geplanten, vollständigen Kahlschlag dieser innerstädtischen Oase haben mutige Bürger, allen voran mutige Schüler, verhindert. Sie haben gegen die Polizeimaßnahmen protestiert. Die Antwort auf ihren gewaltfreien Protest waren Schlagstöcke, literweise Pfefferspray und Wasserwerfer. Wir verdanken heute diesen mutigen Bürgern und ihrem entschlossenen, ausdauernden Protest, dass der größte Teil des Schlossgartens vor den Sägen der Bahngeschützt werden konnte .

Und wir haben begründete Hoffnung, dass die Bäume auch weiter stehenbleiben werden: Auch bei der Bahn glaubt man offenbar nicht mehr daran, dass man dieses Spiel zum Vorteil der Bahn, auf Kosten der Allgemeinhei,t noch lange weiter treiben kann – das zeigen die Zeitungsmeldungen der letzten zehn Tage. Die Bahn beginnt zu spüren, dass auch sie nicht beliebig außerhalb der Gesetze und Spielregeln unseres Staates und unserer Gesellschaft agieren kann.

Als Staatsbetrieb ohne staatliche Kontrolle hat sich die Bahn, in enger Kooperation mit den Betreibern des Milliardenprojekts Stuttgart 21, schon viel geleistet:

  • Um Stuttgart 21 durchzusetzen wurden demokratische Entscheidungsinstanzen systematisch hintergangen; der Bundestag wurde sogar explizit und vorsätzlich belogen – und unsere Politiker spielen mit, verschließen die Augen, stecken den Kopf in den Sand.
  • Auf den Stuttgart 21-Baustellen werden Gesetze gebrochen, vom Arbeitsschutz über die Sozialversicherungspflicht bis hin zum Natur- und Artenschutz und Anweisungen des Eisenbahnbundesamtes: Die Bahn schert sich um nichts und kann offenbar auf gütige Staatsanwälte zählen.
  • Der Glaube an unseren Staat, unsere Demokratie, das Vertrauen sehr vieler Bürger in die Polizei, wurde schwer beschädigt durch den brutalen, blindwütigen, rücksichtslosen Polizeieinsatz vor einem Jahr.
  • Am 30.9.2010 wurden viele Menschen verletzt, einige von ihnen sehr schwer. Dies geschah durch den Versuch der Bahn, eine illegale Abholzung mit Gewalt durchzusetzen.
  • Auch ein Jahr danach ist das Recht nicht wieder hergestellt, wurden die Opfer nicht entschädigt, werden weiterhin Opfer verfolgt und Täter geschont.
  • Die beiden Juristen neben mir werden Ihnen nachher darlegen, wie das Vertrauen der Menschen in die Säulen unserer Demokratie immer weiter verspielt wurde und wird.

 

Ein Projekt, das schon jetzt so viele Opfer gefordert hat, das nur Zerstörung bringt, materiell und gesellschaftlich, hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Gut, dass es so viele mutige Bürger gibt, die dies erkannt haben und sich engagiert gegen Stuttgart 21 stellen. Diese Mutbürger haben viel erreicht in den letzten zwei Jahren – gegen alle Widrigkeiten.

In diesen letzten zwei Jahren hat die entstandene Bewegung etwas erreicht, was zuvor niemand für möglich gehalten hatte: Wir haben die CDU abgewählt, wir haben die Mängel von Stuttgart 21, aber auch die Mängel im Umgang vieler Politiker mit öffentlichem Gut, detailliert an die Öffentlichkeit getragen, wir haben für alle offensichtlich gemacht: Stuttgart 21 ist gescheitert. Es geht nur noch darum, wer das Scheitern zugibt, wer nun sagt: ‚Der Kaiser ist nackt‘.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Ein Jahr nach dem Schwarzen Donnerstag

  1. Pingback: Initiative S: Baden-Württemberg stimmt ab!!!

Kommentare sind geschlossen.