Der Arbeitskreis Juristen zu Stuttgart 21 hat die Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags angemahnt

Wie bereits in der Sendung Report Mainz und auch HIER berichtet, haben die "Juristen zu Stuttgart 21", Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Deutschen Bahn gestellt. Nun mahnen die "Juristen zu Stuttgart 21" in einem Brief an alle Abgeordneten des Baden-Württembergischen Landtags an, dass eine Abstimmung am 28.09.11 über das "Kündigungsgesetz zu Stuttgart 21", ebenso wie die hierzu angedachte Volksabstimmung, unter diesen neuen Voraussetzungen einen unverantwortlichen Akt darstellt, denn Parlamentsentscheidungen auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vermitteln keine demokratische Legitimation. Die Bevölkerung wird durch diese Volksabstimmung, mit einem Quorum von einem Drittel Mehrheit in ganz BW, nicht befriedet werden. Das Gegenteil könne damit erreicht werden, denn viele Bürger haben sehr viel Engagement und Zeit investiert und werden sich unter diesen Vorboten nicht zufrieden geben. Mehrere Medienvertreter, so auch Arno Luik in einem Artikel im Magazin Stern, haben auf diese undemokratischen Missstände hingewiesen. Wann versteht dies die vom Volke gewählte Regierung? Oder müssen die S21.Demonstranten hier, wie die "Juristen zu Stuttgart 21" mit nachfolgendem Brief an die Baden-Württembergische Landesregierung, zu den wahren Hütern der Ordnung werden.

Stuttgart, den 23.09.200

Abstimmung über Kündigungsgesetz S 21

Sehr geehrte «Anrede» «Titel» «Nachname»,

als Mitglied des Arbeitskreises Juristen zu Stgt 21 wende ich mich nach einer Diskussion in unserer Runde mit der folgenden Bitte an Sie:

Am 13.05.2009 haben die Abgeordneten des Landtages dem Finanzierungsvertrag zu Stuttgart 21 mit angeblichen Baukosten von 3,076 Mrd. Euro zugestimmt. Die Deutsche Bahn wusste bereits damals, dass das Projekt um über eine Milliarde Euro teurer werden würde. So wurden die Abgeordneten getäuscht. Deshalb haben wir am 20. September 2011 Strafanzeige gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn wegen Verdachts des Betruges erstattet. Parlamentsentscheidungen auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vermitteln keine demokratische Legitimation. Am 28.09.2011 sollen Sie und später sogar die baden-württembergischen Bürgerinnen und Bürger über eine Kündigung abstimmen. Wieder verschweigt die Bahn die ihr bekannten, aktuellen Kosten. Aus den beiden Abschnitten des Projekts, für die bisher noch keine Planfeststellung vorliegt, werden sich weitere Kosten ergeben, deren Höhe die Verantwortlichen der Deutschen Bahn noch gar nicht kennen können. Das wird ebenfalls verschwiegen. Somit fehlt Ihnen eine Entscheidungsgrundlage. Die grün-rote Koalitionsvereinbarung (S. 31) hat den Weg aufgezeigt:

"Nach Abschluss des Stresstests und der Bewertung der Ergebnisse wird eine aktualisierte Kostenrechnung von der Deutschen Bahn AG eingeholt und von der Landesregierung geprüft. Die Landesregierung wird darauf drängen, dass für die Bauabschnitte, für welche bislang kein Baurecht besteht, die DB AG unmittelbar nach dem Stresstest Planfeststellungsanträge einreicht."

Dieser Weg wird nicht eingehalten. Jetzt soll abgestimmt werden, obwohl keine aktualisierte und von der Landesregierung geprüfte Kostenrechnung der Deutschen Bahn und keine Berechnung der Kostenrisiken (Risikopuffer) vorliegt. Wie wollen Sie über eine Kündigung wegen Kostensteigerungen entscheiden, wenn Sie die Kosten nicht kennen? Wie können Sie eine solche Abstimmung dem Volk zumuten? Das Projekt Stuttgart 21 hat zu einer tiefen Spaltung der Bevölkerung und einem empörten Widerstand geführt. Die Ursache liegt in der fehlenden Transparenz und dem hieraus resultierenden Misstrauen gegenüber Entscheidungsträgern und Entscheidungsprozessen. Sie als Abgeordnete dürfen den Bürgerinnen und Bürgern keine Entscheidung über einen unbekannten Sachverhalt zumuten!

Wird der Finanzierungsvertrag nicht aufgrund Ihrer Entscheidung gekündigt, wird die Bevölkerung mit der Aussage getäuscht, das Land werde sich an Mehrkosten über 4,562 Mrd. Euro hinaus nicht beteiligen. Denn wenn es irgendwann wegen des Baufortschritts kein Zurück mehr gibt, wird das Land bis zum bitteren, milliardenschweren Ende zu Nachschüssen gezwungen sein.

Für den Fall einer Kündigung durch das Land droht die Bahn mit der Geltendmachung von „Ausstiegskosten“. Ob ein solcher Anspruch überhaupt in Betracht kommt, ist zweifelhaft, zumal die Bahn keinerlei Kalkulation offenlegt. Wahrscheinlicher ist, dass die Bahn wegen ihres vertragswidrigen Verhaltens ihrerseits zum Schadenersatz verpflichtet ist.

So wird sich die Aussage, das Land werde nicht nachfinanzieren, voraussichtlich noch in dieser Wahlperiode als falsch herausstellen. Es reicht, dass die Deutsche Bahn schon die Regierung und das baden-württembergische Parlament getäuscht hat. Sie als Volksvertreterinnen und Volksvertreter sollten nun nicht auch Ihr Wahlvolk täuschen. Die Wähler werden Sie für diese Täuschung zur Rechenschaft ziehen. Das wird erst recht dann der Fall sein, wenn ihnen bewusst wird, was Dr. Kefer, Vorstand der der Deutschen Bahn AG, am Ende der Präsentation des sogenannten Stresstests einräumen musste: Wesentliche Anforderungen aus der Schlichtung sind nicht realisierbar.

Wenn Sie meinen, dem Gesetz jetzt nicht zustimmen zu können, verschieben Sie bitte Ihre parlamentarische Entscheidung, bis eine aktualisierte und geprüfte Kosten- und Risikorechnung vorliegt! Auch eine Volksabstimmung auf unklarer Grundlage im jetzigen Stadium ist unverantwortlich und wird nicht den erhofften Frieden bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Weitere Informationen zur Rechtslage finden Sie unter
http://www.juristen-zu-stuttgart21.de 

Für Rückfragen steht Ihnen gerne Rechtsanwalt Bernhard Ludwig,
Kanzlei Keller & Kollegen, Kernerplatz 2, 70182 Stuttgart,
info@anwaltskanzlei-keller.de, Tel. 0711/22 02 16-90
als Ansprechpartner zur Verfügung.

Download Brief Original HIER

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3 Antworten zu Der Arbeitskreis Juristen zu Stuttgart 21 hat die Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags angemahnt

  1. Dieter sagt:

    Ich denke das Bündnis sollte hier auch eine klare öffentliche Linie fahren.
    1. Nach einem VE, egal wie dieser ausgeht, geht der Widerstand weiter. Dieser VE entscheidet ja nur über die Finanzierung des Landes und nicht über das Projekt. Es ist also falsch wenn Politiker denken nach einem VE habe Ruhe zu herrschen.
    2. Man sollte der Bahn K21 mehr als Rettungsanker anbieten. S21 kann nicht gebaut werden und das sollte der Bahn inzwischen bewusst sein. Ich will mir gar nicht vorstellen wie stark der Widerstand werden wird wenn nur ein Risiko eintrifft. Was würde wohl passieren wenn an Gebäuden Schäden entstehen. Zudem sollte die Bahn genau wissen das mit den nächsten Bäumen die Leute wieder massenhaft auf die Straße gehen werden. Ich vermute der Südflügel soll so eine Art Testballon der Bahn werden.
    Also was passier bei einem Ausstieg aus S21. Die Bahn müsste Schadenersatz fordern und dies müsste auf gerichtlichem Wege erfolgen. Es ist also unsicher ob und wieviel die Bahn bekommen würde. Wenn es schlecht läuft würden tatsächlich einige Kosten auf die Bahn zukommen denn die alte Infrastruktur müsste auf Kosten der Bahn renoviert werden. Hier muss K21 ins Spiel kommen und der Bahn zeigen das sie damit bei den Kosten nicht alleine da steht. So minimiert die Bahn ihr eigenes Risiko.

    • RW sagt:

      Nach meiner Kenntnis bekommt die Bahn keinen Cent fuer K21, darum will sie S21 um jeden Preis bauen. Denn die Gleisanlagen erneuern u den Bahnhof nebst Gebaeude instand halten gehoert eigentlich zur Aufgabe der Bahn. Die Bahn hat aber die letzten 20 Jahre diesen Bahnhof ganz bewusst vergammeln lassen, denn mit S21 bekommt sie ihre Sanierungen, repektive alle auch sonst erforderlichen Erneuerungen am Bahnhof vom Staat bezahlt. Also alles was sie in den letzen Jahren vergammeln ließ u mit K21 selbst bezahlen muesste faellt ebenfalls unter den Deckmantel S21.

  2. petra sagt:

    Die BW Landesregierung will trotz aller Hinweise der Juristen am Mittwoch 28.09 ab ca 18h über diesen Nonsens im Landtag abstimmen: Plenum stimmt über Ausstiegsgesetz ab

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