Die Schutzgemeinschaft Filder stellt den Stresstest für den Tiefbahnhof in Stuttgart grundsätzlich in Frage
Der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder e.V., Steffen Siegel, erklärt, warum der S-21-Stresstest ohne Berücksichtigung der Gäubahn-Problematik nicht aussagefähig sein wird: "Es kann nicht nur die „Insel Tiefbahnhof“ geprüft werden. Voraussetzung für einen sinnvollen Stresstest ist die exakte Bewertung aller Zulaufstrecken, und dies ist für den Filderbereich bisher nicht möglich."
Man kann die Leistungsfähigkeit des Stuttgarter Tiefbahnhofs nicht bestimmen, wenn man nicht weiß, wie häufig z.B. Züge verspätet einfahren, sagt Siegel.
Für den Filderabschnitt 1.3 vom Gleisdreieck Rohr durch Leinfelden-Echterdingen bis hin zum Flughafen und zur Messe gibt es bis heute keine belastbaren Pläne, kein Planfeststellungsverfahren, und damit kein Baurecht.
Das Eisenbahnbundesamt hat bisher alle eingereichten Pläne zum (Filder-)Abschnitt 1.3 zurückgewiesen, da die "Planung nicht die erforderliche Reife hat". Es ist nicht einmal klar, ob es ein zweites Gleis vom Messefernbahnhof zum Fildertunnel geben wird.
In den jetzt gehandelten, vorläufigen Plänen für die Filder gibt es viele höhengleiche Querungen, einspurige Streckenabschnitte, die im Gegenverkehr betrieben werden müssen. In Leinfelden-Echterdingen sollen die Fernzüge aus der Schweiz und Italien auf einer kilometerlangen Strecke auf den S-Bahngleisen im sogenannten Mischverkehr gefahren werden. Verspätete S-Bahnen aus Stuttgart, müssen diesen Zügen den Vortritt lassen, was die Verspätungen weiter vergrößert. All dies kann sich leicht so aufschaukeln, dass das gesamte System zusammenzubrechen droht. Der Filderbereich ist extrem störanfällig.
Ein weiterer entscheidender Kritikpunkt ergibt sich aus dem Schlichterspruch.
Heiner Geißler formuliert dort, er halte (wörtlich) : "folgende Verbesserungen für unabdingbar: ...Die Gäubahn bleibt ... erhalten und wird leistungsfähig ... an den Tiefbahnhof angeschlossen". Die Bahn beteuerte mehrfach, so auch Bahnchef Grube in Leinfelden-Echterdingen, dass sie sich daran halten wolle. Das hat jedoch gravierende Auswirkungen auf die S-21-Pläne. Steffen Siegel: „Der Erhalt der Gäubahn ist natürlich richtig, er würde aber das gesamte Gleis-System von S-21 vollständig ändern – bis hin zum Stuttgarter Tiefbahnhof, wo dann die Gäubahnzüge von der anderen Seite her einfahren würden. Dazu gibt es nicht einmal vorläufige Pläne.“ Wie soll dies im Stresstest Berücksichtigung finden? fragt die Schutzgemeinschaft. Alle Voraussetzungen für eine ehrliche Bewertung fehlen.
Die grundsätzliche Problematik des Stresstests wird beim geforderten Notfallkonzept besonders deutlich. Zitat aus dem Schlichterspruch: „Auch für den Fall einer Sperrung des S-Bahn-Tunnels oder des Fildertunnels muss ein funktionierendes Notfallkonzept vorgelegt werden." Je nachdem, ob der Fildertunnel oder der S-Bahn-Tunnel gesperrt ist, müsste der jeweils andere Tunnel im Notfallkonzept mit genutzt werden. Gäubahnen müssten den S-Bahn-Tunnel nutzen und die S-Bahnen den Fildertunnel. Heute weicht die S-Bahn beispielsweise bei Problemen im S-Bahn-Tunnel auf die oberirdische Gäubahnstrecke aus.
Fazit:
- Für wesentliche Teile der Filderplanung liegen keine belastbaren Pläne vor. Die Zulaufstrecke Fildertunnel ist damit nicht bewertbar.
- Massive Verspätungen bis in den geplanten Tiefbahnhof sind vorprogrammiert.
Das sind, im Vergleich zum jetzigen Bahnhof in Stuttgart, dem pünktlichsten Hauptbahnhof Deutschlands, ganz neugeschaffene Probleme.
- Einige Filder-Probleme sind allenfalls zu mildern auf Kosten extremer Einschränkungen des S-Bahntaktes auf den Fildern. Dies hat die Bahn jedoch mehrfach öffentlich ausgeschlossen. Erst ein richtiger Test wird zeigen, was stimmt.
- Das Notfallkonzept S-Bahn muss so in den Stresstest Eingang finden, dass alle drei Linien, S1, S2 und S3 bedacht werden. Ohne den Erhalt der Gäubahntrasse ist dies unmöglich, aber auch eine Weiterführung der S-Bahnen im Notfall durch den Fildertunnel in den Tiefbahnhof (und dann?) würde dort das gesamte System zum Zusammenbruch bringen.
- Die Aussagen des Stresstests sind demnach ohne klare Pläne auf den Fildern vollständig wertlos!
hier ein Hinweis auf einen Artikel zu den kommenden Stresstest-Ergebnissen:
Ein Bahn-Manager im Stresstest
http://www.swp.de/goeppingen/lokales/goeppingen/Ein-Bahn-Manager-im-
Stresstest;art5583,1004713
Interessant sind die Hinweise auf Stresstest-Schwächen:
Ich vermute, daß der gesamte Fahrplan im Süden auf S21 ausgerichtet wird, um den Tiefbahnhof Zügen zur exakt richtigen Zeit und richtigen Reihenfolge zu beschicken. Ähnlich wie Brüssel Centraal: (vor-)sortiert wird in anderen Bahnhöfen davor und dahinter.
Was würde das bedeuten? Wegen Stuttgart hätten alle anderen vor- und
nachgelagerten Bahnhöfe das Nachsehen. Also der gesamte Fahrplan in BW. Vermutlich wäre der Taktfahrplan in BW im Eimer!
(bitte auch an Spezialisten weiterleiten, bin keiner)
Ich würde also vermuten, daß tatsächlich mit 8 Gleisen gerechnet wird, und Züge in extrem kurzen Abständen ein- und ausfahren. Da wäre es natürlich schon sehr interessant, ob die Bahnsteige und Flächen das überhaupt verkraften.
(zentales) Zitat aus dem Artikel:
„Dagegen ließ Fricke durchblicken, dass er von der im Juli bevorstehenden
Präsentation des Stresstests für den Bahnhof neue Konflikte erwarte. Der
Knackpunkt sei der Fahrplan, den man dabei zugrunde lege. Fricke: „Meine
Hausaufgabe war es, dass in der Spitzenstunde 49 Züge abgefertigt werden
können.“ Strittig ist aber, in welcher Taktung das funktionieren muss.
Stuttgart sei auch mit dem neuen Bahnhof nur ein nachgeordneter Knotenpunkt.
Für die Zugfrequenz, die in Stuttgart ankommt, seien die Abfahrtszeiten in
Basel, München oder Mannheim entscheidender, erklärte Fricke. Danach müsse
sich das Modell richten.“
Herzl. Grüße, FS
Die Frage ist, ob die Beweislage inzwischen so erdrückend ist, dass eine quasi juristische Sicherheit über ein Bau-un-recht so gefestigt erscheint, dass irgendjemand, dem man das abnehmen kann, ein paar Tausend Zuhörern bei einer Demo sagen kann, dass das Gelände vom GWM zurückerobert werden muss, um eine völlig widerrechtliche Schädigung von Stuttgarts Stadtkern durch mehr oder weniger Kriminelle bzw. Leute, die den Verstand verloren haben, zu verhindern.
Auf Einsicht bei den S21-Machthabern ist nicht zu hoffen. Inwieweit der Staat noch zu vernünftigem Handeln in der Lage ist, ist derzeit unklar.
Es ist jetzt darauf zu achten, dass unser Handeln um so mehr von Vernunft und breitem Konsens getragen sein muß. Man kann immer noch hoffen, dass bei der SPD die Beschlußlage kippt, dann hätten wir die Blockade in der Regierung nicht.
Für unsere gewaltfreien Aktionen bleibt daher auch die Frage, für welchen Weg wir uns entscheiden:
Schlichte Groß- bzw. Dauerblockade um S21 zu lähmen oder Aktionen des zivilen Ungehorsams, die primär den Rechtsnotstand angreifen und nur als Mittel zu Zweck S21 blockieren. Beides ist auch möglich, könnte sich aber in der Wirkung behindern. Weil für den zivilen Ungehorsam wird möglicherweise ganz anders mobilisiert, vielleicht auch andere Leute angesprochen.
Großflächige Dauerblockade wäre super, ist aber vor den Sommerferien eher unrealistisch!
Der Link im Beitrag von FS (17.06.11; 12:19) zu dem Zeitungsartikel in der Südwest-Presse funktioniert, wenn er um
Stresstest;art5583,1004713
ergänzt wird. Vielleicht kann das jemand von der Moderation korrigieren.
Danke.
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