Bannmeile: Alte Zöpfe abschneiden!

Als vergangenen Dienstagnachmittag, nach der offiziellen Beendigung der Aus!Sitzen-Blockade am Grundwassermanagement (GWM) eine rund 80-köpfige Demonstrantengruppe vom GWM zum Landtag Baden-Württemberg zog und dort etwa eine halbe Stunde mit Bannern den absoluten Baustopp forderte, ahnte keiner der Teilnehmer, dass dieser kleine Protest eine ganz neue Diskussion ins Rollen bringen würde!

Während die CDU und vor allem der sogenannte Polizeiexperte Thomas Blenk an alten Riten mit der Aussage "die Bannmeile muss eingehalten werden" festhällt, hat die neue grün-rote Regierung durch die Duldung der  Demonstration vor dem Landtag gezeigt, dass es auch anders in einer Demokratie gehen kann.

Als "ein historisches Relikt aus der Vorzeit" nannte der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Seidenspinner das Bannmeilen-Gesetz und nannte es sogar überflüssig! Desweiteren meinte er, dass Zugänge zum Parlament ohnehin nicht blockiert werden dürften!

Tja, es scheint, dass die Demokratie nun langsam wirklich in den Landtag von Baden-Württemberg Einzug hält.

Mannheimer Morgen: Bannmeile schreckt die Stuttgart-21-Gegner nicht ab

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

15 Antworten zu Bannmeile: Alte Zöpfe abschneiden!

  1. Trolldetektor Plus sagt:

    In dem Artikel wird betont, dass diesmal (Wiederholung: diesmal) die Demonstration friedlich verlief. In der Vergangenheit kam es durch die S21-Gegner nicht nur zu kleineren Rechtsbrüchen wie der Verletzung der Bannmeile, sondern auch zu anderen Rechtsbrüchen (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten).

    Ich halte offene Parlamente und Transparenz für sehr wichtig. Einhaltung des Gesetzes durch Politiker und das „gemeine Volk“ gehört auch dazu. Und unter das „Volk“ sollten auch die S21-Gegner fallen.

    • Martin sagt:

      Sofern die Politik Vorbild ist, halten sich auch S21- Gegner an Recht und Gesetz.
      Wenn dies die Politik nicht tut, sich an die eigenen Gesetze zu halten, können sie es auch nicht von den Demonstranten erwarten.
      Was aber ganz klar ist, nicht die S21-Gegner sind bestechlich oder gar korrupt, sondern die vorangegangene Politik !!!
      Diese beansprucht für sich demokratisch zu sein, dann hätten sie auch danach handel sollen. Unter christlich, demokratisch und sozial verstehe ich was anderes. Das Debakel hätten die sich ersparen können. Wären die von Anfang an ehrlich zum Volk gewesen, dann hätten die Stuttgarter sie auch nicht abgewählt.

  2. Chris Burton sagt:

    Einweihung des neuen Landtags in Stuttgart am 6. Juni 1961

    <a href="http://www.landesarchiv-bw.de/web/42869&quot;

    Aus dem Sprechertext:

    Es wurde absichtlich mitten in die Stadt, mitten zwischen die Bürger des Landes hineingestellt.

    Die von Säulen aus Schwarzwaldgranit gefassten Arkaden machen es möglich, dass man von allen Seiten her ungehemmt Zutritt zum Parlamentsgebäude hat.

    Es wurde dabei erreicht, dass sich kein Betrachter ausgeschlossen fühlt. Er gewinnt schon von außen her eine enge Beziehung zum Parlament und kann ungeniert durch die Glasfenster ins Ergeschoß schauen.

    Die weite helle Halle zu ebener Erde wurde nicht etwa für Repräsentationszwecke, für Empfänge gebaut. Sie soll den Kontakt zwischen Volk und Volksvertretern dienen.

    Kein Wachposten hält Neugierige an der Eingangstür zurück.

  3. planb sagt:

    Super! Chris Burton!

  4. Pingback: Die Bannmeile braucht nur eine Regierung die sich vor den Bürgern fürchtet. - Claudia-Jalilas Blog

  5. Andi B. sagt:

    Wenn damit die Abschaffung des Bannmeile gemeint ist, kann ich dem Autor nicht zustimmen. Die Bannmeile hat ihre historische Berechtigung. Andererseits kann ich dem Autor durchaus zustimmen, wenn er eine Tolerierung von Protesten innerhalb der Bannmeile fordert. Was würdet ihr sagen, wenn beispielsweise Nazis auf ihr Recht pochen und in der Bannmeile regelmäßig Kundgebungen veranstalten würden?

    • Hans Hase sagt:

      Sind Sie das, „Beobachter“? Ohne Nazis geht’s wohl nicht – muss nicht jemand, der die Nazis ständig zu ‚Argumentations’zwecken dringend braucht, diesen dankbar sein?

    • Wolfgang Weiss sagt:

      Dazu würde ich sagen: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“

    • Beobachter sagt:

      Was würdet ihr sagen, wenn beispielsweise Nazis auf ihr Recht pochen und in der Bannmeile regelmäßig Kundgebungen veranstalten würden?

      Wenn es keine Bannmeile gibt, wäre das natürlich ebenso zu tolerieren, wie jeder andere Protest auch.

      Die Bannmeile dient dazu, die Arbeit des Parlaments vor Chaoten zu schützen. Die gewählten Vertreter müssen ihrer Arbeit nachgehen können. Dazu muß ihre Sicherheit garantiert sein. Deshalb ist ein eng begrenzter Raum um das Parlament herum vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgenommen.

      Würden alle Menschen ihr Demonstrationsrecht nur friedlich wahrnehmen, bräuchte man keine Bannmeile. Wie wir wissen, ist das aber nicht immer der Fall. Ich sehe momentan keine Möglichkeit, wie die Sicherheit des Parlaments ohne Bannmeile garantiert werden kann. Vielleicht hat aber hier jemand eine Idee in dieser Richtung.

      Ich erinnere mich noch an die Szenen aus dem State Capitol in Wisconsin, wo radikale Gewerkschaftler die Arbeit des Kongresses unmöglich gemacht haben, um die Abstimmung über einen ihnen ungeliebten Gesetzesentwurf zu verhindern. So etwas möchte ich in Deutschland niemals sehen müssen.

  6. Uwe Mannke sagt:

    Es hängt davon ab, was man unter Demokratie versteht; je nachdem kann man den Ort, wo sie repräsentativ für das Volk statt findet, unterschiedlich anschauen. Zu CDU-Zeiten wurde Regierung und Parlament als eine machtvolle Einheit gesehen, sodass mit Recht schon allein gegen dieses Unrecht einer vesäumten Gewaltenteilung protestiert werden mußte.

    Man könnte die Erwartung pflegen, dass eine Demokratie einen Ort braucht, wo durch Austausch verschiedener Erkenntnisse systematisch das Vernünftigste heraus gearbeitet wird, ohne dass auf Emotionalisierung und Machterwerb ausgerichtete Parteien dies verhindern. Trifft dies zu, ist diesem Ort mit dem gehörigen Respekt zu begegnen, weil dann die Parlamentarier wirklich das Volk würdig repräsentieren. Man kann diesem neu gewählten Parlament nur wünschen, dass seine Mehrheit diesen guten Stil pflegt, was sich auch im gelassenen Umgang mit der Bannmeile zeigt.

    Wer mehr zu Demokratie und Parteien studieren möchte:
    http://www.berlinerliteraturkritik.de/detailseite/artikel/angriff-auf-die-politischen-parteien.html
    insbesondere das dort erwähnte Büchlein von Simone Weil.

  7. Dieter sagt:

    Seidenspinner hat aber nicht ganz unrecht wenn er sagt das die Montagsdemos sehr viele verärgert. Versteht das jetzt bitte nicht falsch ich bin ja für die Demos. Es gibt aber viele Leute denen ist das nicht so wichtig und die haben auch nicht so viele Hintergrundinformationen. Die stehen da im Stau und regen sich über diese „Chaoten“ auf. Mir wäre es lieber diese aufzuklären und um Verständnis zu werben statt sie zu blockieren. Mir fällt allerdings keine Lösung dazu ein. Nur so wie es gerade läuft ist dies eher kontraproduktiv und Ihr wisst das die Teilnehmerzahlen nicht mehr so groß sind wie sie schon wahren. Das liegt natürlich auch an der Taktik der Politik. So gesehen waren die Konfrontationen mit der CDU schon hilfreich. Es läuft sich gerade etwas tod.

    • Beobachter sagt:

      Mir fällt allerdings keine Lösung dazu ein.

      Nichts einfacher als das: Man demonstriert dort, wo man niemanden blockiert.

Kommentare sind geschlossen.