Staatsanwaltschaft: Anliegen der S21-Gegner unterstützenswert
Stuttgart, 10. März 2011: Drei weitere Angeklagte der Nordflügelbesetzung wurden heute bei ihrer Verhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart wegen Hausfriedensbruch zu je 10 Tagessätze zwischen 8 und 30 Euro verurteilt. Damit blieb das Gericht erneut deutlich unter dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft, die 20 Tagessätze und höhere Tagessatz-Beträge gefordert hatte. Während des Plädoyers nannte die Staatsanwältin das Anliegen der S21-Gegner unterstützenswert und führte aus, dass unter Umständen gar kein Hausfriedensbruch vorläge.
„Eine Anklage der deutschen Bahn wegen Hausfriedensbruchs empfinde ich als absurd, zumal sie zu 100% in öffentlichem Besitz ist“, sagt eine der Angeklagten, Parkschützerin Sunita Pal. „Der Nordflügel ist bereits abgerissen, und durch unsere friedliche Demonstration im Nordflügel ist niemand zu schaden gekommen. Hier geht es wohl eher darum, unbequeme Bürger juristisch vorzuführen und einzuschüchtern, die berechtigt auf Missstände hingewiesen haben.“
„Das Urteil ist milde, wenn auch inhaltlich ein Freispruch hätte erfolgen müssen. Doch auf die wesentlichen Argumente ist der Richter gar nicht eingegangen“, sagt Rechtsanwalt Frank-Ulrich Mann. „Der Strafantrag kam von einer Tochter der Bahn AG, obgleich die Hauptverhandlung heute ergeben hat, dass die Post bis zum 31.8.2010 ein Nutzungsrecht und damit das Hausrecht inne hatte. Außerdem veranlasste die Polizei die Sicherung des Nordflügels und dessen Räumung mitten in der Nacht, ohne dass dafür die rechtlichen Voraussetzungen vorlagen. Die Annahme der Polizei, die Demonstranten könnten sich eventuell im Gebäude anketten, darf nicht dazu führen, dass die Polizei in vorauseilendem Gehorsam das Gebäude räumt. Mit dem gleichen Argument könnte die Polizei auch ein Einkaufszentrum räumen, weil möglicherweise jemand einen Diebstahl begehen könnte.“
Die Nordflügelbesetzung fand am 26. Juli 2010 statt, weil kurz zuvor bekannt geworden war, dass der Nordflügel vorzeitig abgerissen werden sollte.