Neubaustrecke Wendlingen-Ulm auf einer größeren Karte anzeigen
Ein Skandal, an den sich Baugewerbe und wirtschaftsabhängige Politiker schon viel zu sehr gewöhnt haben: Mit dem Bau von Großprojekten schon zu beginnen, während noch nicht einmal alle Planfeststellungsabschnitte genehmigt vorliegen.
So auch bei der Neubaustrecke Wendlingen – Ulm. Die viel zu teure, viel zu steile und schon jetzt absehbar unwirtschaftliche Hochgeschwindigkeitsstrecke entlang der Autobahn A8 ist in vier von acht Planfeststellungsabschnitten noch nicht genehmigt, und gleichwohl hat die Bahn im Dezember 2010 eine erste, wenn auch sehr begrenzte Baumaßnahme begonnen.
In Sichtweite der Autobahnbrücke über die Landstraße L 1214 von Weilheim an der Teck nach Aichelberg baut die DB AG während der nächsten Monate eine Brücke für zwei Gleise über selbige Landstraße. Das Ausmaß dieser Bauarbeiten machte die Bild-Zeitung in unfreiwilliger Komik selbst klar. In gewohnt reißerischer Überschrift mit zentimeterhohen Lettern heißt es in der Ausgabe vom 14. Dezember 2010 auf Seite 5 zunächst: »S21! Jetzt beginnt das große Buddeln«, um dann, nur drei Absätze weiter unten, in den realen Dimensionen dieser Baustelle anzukommen (Zitat): „Zwischen zehn und 15 Männer werden sich täglich in den nächsten Wochen auf der Baustelle befinden.“ Gemessen an den 2 x 30 Kilometer Tunnelanlagen und den vom Bundesrechnungshof veranschlagten Kosten von 3,5 Milliarden Euro nachgerade ein Witz.
Vorläufige (!) Einschätzung/Bewertung
Im Großen und Ganzen Übereinstimmung mit der Bild-Zeitung 😉 Gleichwohl verdient auch diese Baustelle unsere fortgesetzte Aufmerksamkeit, könnte die vorerst an „nicht lösbaren Terminschwierigkeiten“ gescheiterte politische Inszenierung des „zweiten Spatenstichs“ für das „Europamagistralenprojekt“ doch noch nachgeholt werden.
Das EBA hatte doch die NBS-Baustelle letzten Herbst gestoppt, weil keine Finanzierung vorlag. (War Thema im Faktencheck.) Hr. Kefer bezeichnete die Ausräumung dieses Baustopps als „Formalie“. Ist das denn in der Zwischenzeit geschehen?
Was hier, einmal mehr, als „Skandal“ bezeichnet wird, ist ein bei Eisenbahngroßprojekten in Deutschland gängiges Vorgehen: Egal ob Mannheim–Stuttgart, Köln–Rhein/Main, Nürnberg–Ingolstadt, Hannover–Würzburg, Hannover–Berlin oder Nürnberg–Erfurt — der letzte Planfeststellungsbeschluss lag erst nach Beginn der Bauarbeiten vor.
Da weder bei der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm noch im Bereich von Stuttgart 21 noch wesentliche Änderungen in der Linienführung erwartet werden können, ist das Projekt im Planungsprozess sogar weiter als viele der aufgeführten Projekte, wo bei Baubeginn die konkrete Trasse noch umstritten war.
ie Finanzierung für die Neubaustrecke Wendlingen Ulm ist noch nicht freigegeben.
Der Bundestag schrieb am 7.1.2011:“Dem Eisenbahnbundesamt lägen aufgrund fehlender Unterlagen derzeit noch keine weiteren Details zu den Kostensteigerungen vor. Inwieweit die Mehrkosten von insgesamt 280 Millionen Euro durch den Gesamtkostenrahmen von 2,89 Milliarden Euro abgedeckt seien, müsse bei der Prüfung des Antrages auf Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung geprüft werden.“ http://www.bundestag.de/presse/hib/2011_01/2011_005/09.html
Dies wurde am 19.1.2011 bestätigt: http://home.broadpark.no/~wkeim/files/110119eba.pdf
Trotzdem folgt die Presse der Darstellung der Bahn, dass die Neubaustrecke begonnen wurde.