Ein Vergleich von Stuttgart 21 mit dem Umbau der Bahnanlagen in Wien.

Leserbrief von Fridtjof Schmidt-Eisenlohr

In Wien werden zurzeit 2 Kopfbahnhöfe, die bisher gemeinsam den Südbahnhof bildeten, zu einem Durchgangsbahnhof umgebaut.
Es wird gern darauf hingewiesen, dass in Wien ein großer Bahnhofsumbau ohne Proteste der Bevölkerung erfolgt, während in Stuttgart inzwischen schon 100000 Menschen zum Demonstrieren auf die Straße gehen.
Der Grund für den nicht vorhandenen Protest in Wien liegt darin, dass es sich im Gegensatz zu Stuttgart 21, in Wien tatsächlich um ein sinnvolles Bahnprojekt handelt und nicht um ein Immobilienprojekt.

In Wien sind bis zur Mitte des 19ten Jahrhunderts mehrere Kopfbahnhöfe gebaut worden. Dies geschah in erster Linie weil die Strecken in verschiedene Richtungen jeweils von anderen privaten Bahngesellschaften gebaut wurden.
So entstand ein Bahnhof für die Züge aus dem südlichen Österreich (Graz und Klagenfurt) und dem heutigen Slowenien und Kroatien.
Der andere Bahnhof wurde für die Züge aus der Richtung Slowakei und Ungarn gebaut.
Alle genannten Länder gehörten mit Österreich zusammen zur K. u. K. - Monarchie.
Nachdem die betroffenen Bahngesellschaften verstaatlicht worden waren, gab es schon sehr bald Pläne diese dicht beieinander liegenden Bahnhöfe aus bahntechnischen Gründen zusammenzulegen. Das scheiterte zunächst an der Finanzierung.
Der 1. Weltkrieg, der auch für Österreich mit einem Fiasko endete, machte alle Umbaupläne zunichte. Die oben genannten Länder waren von Österreich getrennt worden und somit war der Bedarf für ein Durchgangsbahnhof nicht mehr gegeben.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der „Eiserne Vorhang“ errichtet, der den Bahnverkehr in diesen Relationen weiter einschränkte.
Erst mit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ und später mit der Erweiterung der EU um Slowenien, der Slowakei und Ungarn, machte die Idee des Durchgangsbahnhofs wieder einen Sinn.
Bei dem Umbau zum Durchgangsbahnhof wurden diese Bahnhofsgebäude, die nach dem Krieg errichtet worden waren, abgerissen und werden durch ein neues architektonisch ansprechendes Gebäude ersetzt.
In der Umgebung der Bahnhöfe befanden sich diverse Betriebe, denen man andere Flächen in der näheren Umgebung zuweisen konnte.
Im Übrigen liegt der neue Durchgangsbahnhof weit entfernt von den touristischen Attraktionen.
Im Gegensatz zu den Baumaßnahmen in Stuttgart wird in Wien kein Bahnhofsgebäude von internationalem architektonischen Wert zerstört.
Es wird kein Teil eines Parks in zentraler Lage abgeholzt.
Die Kosten liegen in einem angemessenen Rahmen.
Vor allem aber wird der Bahnbetrieb durch den Umbau deutlich verbessert.
Daher genügte nur ein geringer Informationsaufwand, um den Sinn des Bahnhofsumbaus der Bevölkerung zu erläutern. Gegen was sollte die Bevölkerung dann eigentlich protestieren? Stuttgart 21 mit dem Bahnhofsumbau in Wien zu vergleichen, ist daher ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen.

http://www.hauptbahnhof-wien.at/

Wiener Hbf auf einer größeren Karte anzeigen

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5 Antworten zu Ein Vergleich von Stuttgart 21 mit dem Umbau der Bahnanlagen in Wien.

  1. Borna sagt:

    Ich hatte in meinem Blog bereits darüber geschrieben, daß ausgerechnet die Tagesschau-Seite gemeint hatte, ausgerechnet am 2. Oktober, also gerade mal 2 Tage nach dem schändlichen Polizeieinsatz gegen friedliche Demonstranten, einen Artikel zu veröffentlichen, in dem die Wiener als progressiv (da dankbar für den Umbau ihres Bahnhofs) und die Stuttgarter folglich als Bauerntölpel dargestellt worden sind.

    http://feydbraybrook.wordpress.com/2010/10/02/manipulation-bei-der-tagesschau/

    Was mich besonders daran gestört hatte, war, daß der Artikel nicht als Kommentar gekennzeichnet, sondern direkt neben der Meldung zur politischen Druckwelle (\Streit zwischen Grünen und CDU wird schärfer\) nach dem Einsatz platziert worden ist.

  2. timo kabel mitgl spd stuttgart ost sagt:

    ich kann deinen beitrag nur bestätigen. ich kenne die verhältnisse in wien sehr gut. habe dort seit 20 jahren freunde wohnen und komme dort regelmässig hin. auch mit dem zug. der südbahnof von salzburg kommend war wirklich kein schöner bau. klar er hatte den still der 50er jahre. hat auch was……und gewiss einwenig war ich schon traurig, zu hören dass es ihn nicht mehr gibt. war er mir doch auch vertraut. und dann der ostbahnhof. der war nix besonders. siffig und runter gekommen. wie du schon oben beschrieben hast.
    wer musste im kalten krieg in den osten fahren. es ging nur ins burgenland. ein bis weit in die 80er jahre, rückständiges bundesland im zonen rand rand rand gebiet.
    norwendig waren da investitionen nicht. eben erst mit der öffnung des zaunes und der angliederung an die EU sind die verkehrsströme in diese richtung gewachsen.
    nicht nur werden hier äpfel mit birnen verglichen, nein es ist unlauter es ist üblestimmungmache. als ob wir hier undankbar und nicht recht zuschätzen wüssten was wir olles bekommen.

  3. Beobachter sagt:

    Die Kosten liegen in einem angemessenen Rahmen.

    Naja, wenn man bedenkt, wieviel weniger Einwohner Österreich in Vergleich mit Deutschland hat, dann sind die geplanten €2 Mrd. Investitionen für den Bahnhof Wien sogar weit mehr, als die Kosten für S21. Also für angemessen halte ich keine der beiden Projekte.

  4. Peter sagt:

    Hm, da waren die Kollegen von kobuk.at aus Wien aber deutlich schneller als ihr: 😉
    http://www.kobuk.at/2010/10/s21-liebe-ard-stuttgart-ist-nicht-wien/

  5. Peter sagt:

    Deine Eindrücke sind an sich richtig, allerdings hast Du die Bahnhöfe verwechselt. Von Salzburg aus kommst Du – sofern du nicht mit der Kirch ums Kreuz fährst – am Westbahnhof an. Der wird derzeit saniert/ausgebaut und wird hinkünftig dem Regionalverkehr ( und evtl irgendwann einmal dem Fernverkehr des Unternehmens \Westbahn \ ) dienen.

    Dein \versiffter Ostbahnhof\´ist der Südbahnhof, der in Wahrheit eigentlich ein \Süd-Ostbahnhof\ mit getrennten Rampen für Süd-und Ostbahn war. Und DORT kommt der Hauptbahnhof hin. Um dieses \Gstettn\ mit dem Charme einer Industriebrache ist es nicht wirklich schade.

    Die Anbindung zur Westbahn erfolt durch den sog. Lainzer Tunnel, bei dem soeben der bergmännische Vortrieb beendet wurde. Als integraler Bestandteil des Zentralbahnhof-Konzepts müssten dessen Kosten eigentlich auch eingerechnet werden.

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