BUND-Pressemitteilung - 27. Juli 2010
BUND: Genannte Kosten unrealistisch - Moratorium gefordert
Stuttgart. Jetzt muss es auch die Deutsche Bahn AG zugeben: Die ICE-Neubaustrecke nach Ulm wird teurer als geplant, statt 2 Milliarden soll sie knapp 3 Milliarden Euro kosten, fast 50 % mehr als kalkuliert. "Damit werden unsere Befürchtungen bestätigt, dass Stuttgart 21 in der Kostenfalle steckt", kommentiert Berthold Frieß, Landesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Baden-Württemberg die heute von Bahnchef Rüdiger Grube präsentierten Zahlen.
Die Projektverantwortlichen könnten nun nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen und so tun, als sei nichts gewesen. "Knapp 3 Milliarden Euro für eine Neubaustrecke, auf der nach der von uns heute vorgestellten sma-Studie maximal zwei ICE-Züge pro Stunde und Richtung verkehren können - da stellt sich verstärkt die Frage nach der Wirtschaftlichkeit", so Frieß. Auch müssten die Bahn, der Bund und das Land nun erklären, wie die knapp eine Milliarde Euro Mehrkosten gedeckt werden sollen. Die Investitionsmittel für die Bahn seien im Bundeshaushalt gedeckelt. "Ist bei Stuttgart 21 nun mit längeren Bauzeiten zu rechnen, werden andere wichtige Bahnprojekte im Lande nun nicht mehr zeitnah realisiert oder will das Land noch mehr aus der eigenen Kasse finanzieren", fragt Frieß. Für den BUND laute die Konsequenz, auf den Stuttgarter Tiefbahnhof zu verzichten und sich auf eine funktionsfähige und schnelle Neubaustrecke nach Ulm zu konzentrieren.
Nach Ansicht des BUND ist ein Ende der Kostensteigerungen noch nicht absehbar. "Die heute präsentierten Zahlen sind nicht nachvollziehbar und widersprechen den Erfahrungen anderer konkreter Projekte der Deutschen Bahn", so Frieß: "Bei der geologisch vergleichbaren Neubaustrecke Nürnberg - Ingolstadt kostete jeder Tunnelkubikmeter etwa 840 Euro.
Allein für die von der DB veranschlagten 4,946 Millionen Kubikmeter Tunnel bei der Neubaustrecke nach Ulm müssten demnach über 4 Milliarden Euro an Baukosten anfallen." Die Projektgegner werden die Kostenberechnung der Bahn auf den Prüfstand stellen und im Herbst eine neue Kalkulation des renommierten Ingenieurbüros Vieregg&Rössler veröffentlichen.
"Es ist ein Skandal: Seit Jahren üben sich Deutsche Bahn und Landesregierung im Vertuschen und Verschweigen. Scheibchenweise bereiten die Projektverantwortlichen die Bevölkerung auf immer höhere Kosten und unliebsame Wahrheiten vor. "Wir fordern ein Moratorium für Stuttgart 21 und die umgehende Einberufung eines Baukostengipfels, bei dem alle Risiken offengelegt und bewertet werden müssen - und zwar bevor durch weitere Baumaßnahmen Tatsachen geschaffen werden und die Kostenfalle vollends zuschnappt", fordert Frieß. Das seien die Verantwortlichen der Bevölkerung schuldig. "Ansonsten wird die Akzeptanz für das Prestigeprojekt noch weiter sinken und den Widerstand stärken - bis hin zur nächsten Landtagswahl", prognostiziert der BUND-Landesgeschäftsführer.
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