Neben unserem momentanen Hauptaugenmerk, dem Bahnhof, sollten wir den Park und die für August angekündigten Arbeiten zum Grundwassermanagement (Steuerung & Pumpen auf dem ZOB, Rohrleitungen im gesamten Talkessel) nicht außer Acht lassen.
Der folgende Text inkl. Grafiken stammt von Klaus Gebhard.
Ab sofort drohende erste Eingriffe in den Park!
Weil die 8 bis 12 Meter tiefen Baugruben des Stuttgart-21-Bahnhofs mit dem oberflächennah anstehenden Grundwasser voll laufen würden, muss im Umkreis um den 400 Meter langen und 80 Meter breiten Tiefbahnhoftrog der Grundwasserspiegel mit Hilfe starker Pumpen um teilweise mehr als 12 Meter abgesenkt werden.
Das hat absehbar gleich mehrere ungute Folgen:
- Zum einen könnten durch den damit verbundenen großräumigen Wasserentzug mehr Parkbäume verdursten bzw. absterben als zur Rodung vorgesehen sind (siehe Durststress im Feuchtgebiet)
- Zum zweiten verschiebt sich dadurch der Trennhorizont zwischen dem Grundwasser und dem darunter befindlichen Mineralwasser, das unter hohem Druck steht und nur durch das natürliche Eigengewicht der darüber liegenden Grundwassersäule in jenen Schichten gehalten wird, in denen es in der bekannten Qualität und Fließmenge an das nutzbringende Ziel gelangt: die Bad Cannstatter Heilquellen.
Um beiden absehbaren Problemen vorzubeugen und ggf. gegensteuern zu können, ist im Zuge der Stuttgart-21-Baumaßnahmen die Einrichtung eines umfangreichen Grundwasser-Management-Systems geplant, das aus einem guten Dutzend Brunnen, 17 Kilometer überwiegend oberirdisch aufgeständerten Wasserröhren und einer zentralen Grundwasser-Aufbereitungsanlage besteht.
Grafik Grundwasser-Management-System
Die Bedrohung
Der Aufbau dieser weit verzweigten Anlage durch die Firma Hölscher aus Essen steht unmittelbar bevor.
Bedrohlicher noch als die ästhetische Verschandelung des Parks sowie der angrenzenden Wohngebiete durch das in 4,5 Meter Höhe aufgeständerte Röhrennetz ist die Errichtung der »zentralen Wasseraufbereitungsanlage«. Dieses Zentralmodul zur Reinigung des hochgepumpten Grundwassers soll nicht mehr, wie ursprünglich geplant, zur Gänze auf dem zweckentfremdeten ZOB-Gelände errichtet werden. Vielmehr soll es nun laut dem neuesten im Internet veröffentlichten Lageplan der DB nur zum kleineren Teil auf dem ZOB, zum größeren Teil im direkt angrenzenden Schlossgarten errichtet werden. Dabei handelt es sich nach Auskunft des Tiefbauamts um ein Technikgebäude von der Größe eines dreistöckigen Hauses.
Zu ihm führen aus drei Richtungen in 4,5 m Höhe Wasserrohre, die das Grundwasser aus diversen Entnahmestellen im näheren und weiteren Talkesselgrund dorthin leiten. Dort wird es nach modernsten Verfahren gereinigt, die nach Angaben des im Internet nachlesbaren Planfeststellungsbeschlusses teilweise sogar über den derzeitigen Stand der Technik hinausgehen! Anschließend wird das nach derlei Zukunftstechniken gereinigte Grundwasser nördlich des Tiefbahnhof-Trogs an verschiedenen talabwärtigen Stellen wieder in den Grund und Boden verpresst. Dieses Wasserröhrennetz hat eine Gesamtlänge von 16,5 Kilometern und wird durch amtliche Baugenehmigung ab diesem August sukzessive aufgebaut.
Eine Reihe alter prächtiger Parkbäume steht im Weg
Nebst der optischen Verschandelung des Schlossgartens durch das aufgeständerte Wasserröhrennetz ist insbesondere der geplante Standort der zentralen Wasseraufbereitungsstation alarmierend! Steht doch entlang dem ZOB eine ganze Reihe prächtiger alter Parkbäume, die dem Technikgebäude im Wege stehen würden.
Schlossgarten mit Bahnhof Süd (Foto: Manfred Grohe)
Aus Sicht der S21-Baulogistiker gibt es gleich zwei Gründe, diese Baumreihe möglichst bald zu fällen. Läuft unter ihr doch auch der sog. »Cannstatter Abwasserkanal« hindurch, der dem Tiefbahnhoftrog quer im Weg liegt und darum, wie der Nesenbachkanal vor dem Planetarium, 15 Meter tiefer gelegt werden muss. Weil diese Tieferlegung erst komplett abgeschlossen sein muss, bevor mit dem Bau des eigentlichen Stuttgart-21-Projekts begonnen werden kann, hängt über dieser Parkbaumreihe ohnehin schon seit dem offiziellen Baustart im Februar diesen Jahres bedrohlich das Fallbeil.
Dass es bisher noch nicht gefallen ist, verdankt sich nach Auskunft gut informierter Quellen allein der abschreckenden Widerstandsandrohung von mittlerweile bald 20.000 Parkschützern, wofür wir uns an dieser Stelle ausdrücklich bei Ihnen bedanken wollen! (Freilich gleich verbunden mit der Aufforderung, rasch noch möglichst viele weitere Parkschützer zu gewinnen ;-))
Was engagierte Parkschützer unbedingt in den nächsten Wochen beachten sollten
Doch nun gesellt sich seit neuestem auch noch die Bedrohung durch die in den Park hinein geschobene zentrale Wasseraufbereitungsanlage hinzu. (Ein möglicher Grund für deren provokante Verschiebung könnte just der darunter verlaufende Abwasserkanal sein, durch den überschüssige Wassermassen, anfallender Schlamm und sonstige lösliche Schmutzstoffe günstig an das städtische Abwasser- und Kläranlagensystem abgegeben werden kann.) Deshalb sollten alle Parkschützer, die regelmäßig den Mittleren Schlossgarten besuchen, ihr besonderes Augenmerk dieser Baumzeile schenken, ohne deshalb die übrigen bedrohten Parkflächen aus dem Blick zu verlieren.
Sollten Sie verdächtige Beobachtungen wie anrollende LKW, auffahrende Bagger, Motorsägen, eine Ausweitung der Zaunzone, geschäftige Umtriebigkeit auf dem ZOB-Gelände, verstärktes Polizeiaufgebot etc. bemerken, informieren Sie bitte umgehend die rund um die Uhr besetzte Mahnwache am Nordausgang des Bahnhofs oder rufen Sie unter der Nummer 0176/38505873 an und schildern Sie möglichst genau Ihre Beobachtungen.
Wie jüngst im Falle der nach-mitternächtlichen ZOB-Einzäunung vorgeführt, steht zu befürchten, dass die Fällung der aus S21-Sicht gleich mehrfach dringlich zu entfernenden ersten Parkbaumreihe wiederum »bei Nacht und Nebel« angegangen wird. Testanrufe in jener Nacht haben gezeigt, dass im Ernstfall die eingerichtete elektronische Mail- und SMS-Alarmkette nur wenige Menschen aus den Betten und auf die Beine gebracht hätte, da nächtens offenbar viele ihre Anrufbeantworter angeschaltet haben, um schlafstörende Telefonanrufe abzufangen.
Deshalb die dringende Bitte an Sie: Bitte sorgen Sie dafür, dass Sie während der nächsten kritischen Wochen ein eventuell auszulösender Großalarm auch tatsächlich erreicht, sprich: gegebenfalls auch weckt! Falls Sie sich mit Ihrer Handynummer in die SMS-Benachrichtigungskette eingetragen haben, sollten Sie dafür sorgen, dass Ihr SMS-Nachrichtensignal von Ihnen auch im Schlaf gehört wird.
All diejenigen, die sich dort noch nicht eingetragen haben, können dies jederzeit nachträglich auf der Parkschützerseite tun: einfach mit Anmeldenamen und Passwort einloggen und oben im Menu »Meine Seite« aufrufen.
Es könnte auch nicht von Nachteil sein, während der besonders kritischen Ferienzeit, mit der die S21-Seite die Zahl der »Widerständischen« zu halbieren hofft, einen fertig gepackten Rucksack parat stehen zu haben, mit dessen Inhalt Sie sich Ihren Protest vor Ort zu allen Tages- und Nachtzeiten und vor allem bei jedem Wetter über eine Zeitspanne X hinweg erleichtern helfen.
Gewiss, das sind unschöne Vorkehrungen. Doch soweit muss es gar nicht kommen. Aufgrund der anhaltenden Protestwelle zeigen sich erkennbar erste Risse in der CDUSPDFDP-Betonfraktion. Diesen Auflösungsprozess können Sie jetzt noch im Vorfeld auf weit bequemere Weise als durch die direkte Konfrontation beschleunigen helfen, indem Sie noch einmal Ihre privaten Adress- und Telefonlisten durchgehen und der alphabetischen Reihenfolge nach all Ihre Freunde, Bekannten, Verwandten und Kollegen anrufen, von denen Sie vermuten, dass Sie den Schlossgarten erhalten wissen wollen. Werben Sie sie an als neue Parkschützer. Bringen Sie sie mit zu den nächsten Montagsdemos. Die Gegenseite ist dabei, den Stress-Test durch die S21-Gegnerschaft zu verlieren. Geben Sie sich und denen einen letzten Schubs.
Ihre zuversichtlichen aktiven Parkschützer!
Hallo,
Bei den Parkschützern hat gestern letzte Nacht der PS „Fasan“ ein Statement abgegeben, nachdem in „ferpress“ über eine Aktion der Polizei
(Personalienfeststellung Guntrun Müller-Ensslin während des Gottesdienstes gestern im Park) beschrieben ist.
Kann dieser Beitrag hier auch noch eingestellt werden?
Ich konnte es kaum glauben …
Schöne Grüße
Gabi
Im Planfeststellungsbeschluss für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) , 2005, Seite 51
findet sich unter VIII, Nebenbestimmungen:
„5.5. Die Vorhabenträgerin wird verpflichtet, während der Baudurchführung Baumfällarbeiten und den Rückschnitt von Gehölzen so in den Bauablauf einzuordnen, dass deren Realisierung in den Monaten Oktober bis Februar erfolgt. „
Heute lagen ziemlich viele abgesägte Äste rund um die Bäume. Eine Bekannte erzählte vorhin auf der Demo, dass neben dem ZOB im Park mit Presslufthämmern gearbeitet würde
Es scheint los zu gehen:
http://twitter.com/GartenbauInS
Oben bleiben!
Nur eine Randbemerkung: am Potsdamer Platz in Berlin wurde buchstäblich unter Wasser gebaut – nicht zuletzt, um Schäden am benachbarten Tiergarten zu vermeiden. Natürlich ist „trocken“ bauen einfacher und billiger – aber Schuster und Grube gefährden den Park nur aus Geiz, nicht aus technischer Notwendigkeit (!).
Kleine Korrektur:
„Dass es bisher noch nicht gefallen ist, verdankt sich nach Auskunft gut informierter Quellen allein der abschreckenden Widerstandsandrohung von mittlerweile bald 20.000 Parkschützern, wofür wir uns an dieser Stelle ausdrücklich bei Ihnen bedanken wollen!“
Leider erwiesen sich die Quellen als doch nicht so gut informiert. Die Bäume wurden tatsächlich aus zwei Gründen nicht vorher umgelegt: 1. Gemäß NatSchG BW §43(3) bedürfen solche Aktivitäten zwischen dem 1. März und dem 30. September einer Ausnahmegenehmigung und eine solche Genehmigung wurde nicht beantragt. 2. Ging dieser Teil des Schlossgartens erst zum 1. Oktober in Bahneigentum über und deswegen gab es dort vorher keine Baumaßnahmen.
Dass die Bahn zum frühest möglichen Termin ihre Pläne auch unter Einsatz von Gewalt umsetzte, zeigt wie wenig man sich dort für die Demonstrationen interessiert. Die Manager der Bahn müssen sich schließlich auch nicht im nächsten Frühjahr den Wählern stellen.
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